„Die Abschiedskultur hat sich gewandelt“

Seit rund 12 Jahren ist Helga Gebhardt in dem Metier tätig, das sich mit dem letzten Abschnitt des Lebens beschäftigt. Die 59-Jährige ist im Bestattungsunternehmen Abendfriede Beraterin und Trauerbegleiterin. Zunächst stundenweise. Wollte austesten, ob es das Richtige für sie ist. Es war. „Es ist kein Beruf, sondern eine Berufung“, sagt Firmenchef Frank Büschel. „Wer nur Geld verdienen will, ist hier fehl am Platz.“ Man muss mit Menschen umgehen können, mit Abschied und mit Trauer.
Helga Gebhardt kann das. Menschen zu beraten, ihnen beizustehen, dafür hat sie ein Gespür. Seit Kurzem leitet sie die neue Abendfriede-Filiale in Reform. Gern lässt sie die Tür zur Straße offen, um die Vorbeigehenden einzuladen einzutreten. Manche sagen kurz Hallo, andere nehmen sich Informationsmaterial mit. „Die Reformer sind aufgeschlossen“, freut sich Helga Gebhardt, „da kommt man schnell ins Gespräch“.
Vor dem Umzug in die Otto-Baer-Straße war sie Filialleiterin in Alt-Olvenstedt. Ist ihr der Wechsel schwer gefallen? Über die Jahre ist ihr die Filiale ans Herz gewachsen, antwortet sie. Sie habe sich dort sehr wohl gefühlt, kam mit den Menschen gut aus. Doch die Beziehung zum Südosten Magdeburgs ist stärker, sagt sie. „Hier fühle ich mich mehr zuhause.“ In Alt-Salbke aufgewachsen, hat sie noch immer Verwandtschaft in der Umgebung, auch in Reform, gleich um die Ecke. Ganz nebenbei, so fügt sie augenzwinkernd hinzu, sei der Arbeitsweg jetzt kürzer. Außerdem, und das sei ihr wichtig, „weiß ich die Olvenstedter Filiale in guten Händen“, fügt sie hinzu. Die wurde übernommen von Andrea Groß, die dort auch zuhause ist.
Diese Zugehörigkeit, das Wohlfühlen ist ein wesentlicher Aspekt. Denn Abschiednehmen ist Vertrauenssache, wissen die Mitarbeiterinnen von Abendfriede.
Die Abschiedskultur hat sich gewandelt, weiß Helga Gebhardt zu berichten. Anstelle von großen Beisetzungsfeiern steht zunehmend der Abschied im engen Familienkreis. Auch die Stätte der letzten Ruhe wird anders gewählt. Nahm vor einigen Jahren noch der Trend zu anonymen Bestattungen auf der „Grünen Wiese“ zu, so ist es jetzt umgekehrt: „Viele Menschen möchten wieder einen gezielten Ort für ihre Trauer.“ Vielfältiger ist das Angebot an Grabformen geworden. Gleichbleibend ist der Wunsch, die Hinterbliebenen nicht mit der Grabpflege belasten zu wollen. Beides verbindet beispielsweise das Kalumbarium, ein oberirdisches Bauwerk, in dem Urnen eingebracht werden. Als Alternative zur anonymen Wiesen-Beisetzung werden Grabstätten mit Gedenktafeln auf Rasenflächen angeboten. „Eine gute Alternative.“ Auch die Beisetzung im Friedwald ist beliebt. Zunehmend sind Gemeinschaftsanlagen, die auch gemeinschaftlich in Pflege gegeben werden. Neu sind Bestattungen mit Haustieren.
Das Abschiednehmen am offenen Sarg ist selten geworden. Vor allem gläubige Menschen nutzen diese Möglichkeit noch.
Meist werden die Verstorbenen zeitnah vom Bestattungsunternehmen abgeholt. Der private Abschied im eigenen Zuhause, das Abschiednehmen im Familienkreis wie früher üblich, kommt kaum noch vor. Dabei ist es rechtlich möglich, erklärt Helga Gebhardt. Manche wissen das nicht. Andere wollen es nicht. Früher gehörte der Tod mehr zum Leben, wurde in Familien zelebriert, als Übergang von einer Phase des Lebens in die nächste. Im Hospiz beispielsweise kommen die Angehörigen zum gemeinsamen Abschiednehmen zusammen. Selten wird dies zuhause getan. Aber auch das gibt es noch. „Bis zum nächsten Tag zu warten ist kein Problem.“
Die Beisetzung in Särgen ist selten geworden. Vorrangig wird sich für Urnen entschieden. Bei ihnen steht zunehmend der Umweltgedanke im Vordergrund und Material, das biologisch abbaubar ist. Kleinere Grabstätten sind im Trend, auch aus Kostengründen.
Neben Absprachen zur Beisetzung haben Vorsorge-Gespräche zugenommen. Dabei steht immer mehr die finanzielle Absicherung im Vordergrund. Die Angst vor Altersarmut spielt eine große Rolle, sagt Helga Gebhardt. „Viele ältere Menschen haben Angst, sich keine Beisetzung mehr leisten zu können.“ Insbesondere im Fall, dass sie ins Pflegeheim und dafür ihr Erspartes verwenden müssen. Doch die Vorsorge sichert die Beisetzung finanziell ab, erklärt die Beraterin.
Es gibt viele Möglichkeiten, seinen Abschied vom Leben zu gestalten. Welche die jeweils passende ist, lässt sich in einem Beratungsgespräch herausfinden. Sie werden in den Filialen von Abendfriede-Bestattungen angeboten, die es in fast allen Stadtteilen gibt. „Es ist uns wichtig, nah bei den Menschen zu sein, die uns brauchen“, sagt Firmeninhaber Frank Büschel. Filialen gibt es im Stadtzentrum, Sudenburg, Nord, Buckau, Cracau, Alt-Olvenstedt, am Westfriedhof und nun auch in Reform. (ab)

Zurück