Dasda oder Oktopussy?

Von Oktopussy und Goldständer sind Kerstin und Marcus Ostendorf in der Bäckerei Möhring regelmäßig umgeben. Foto: Ronald Floum

Dass traditionelles Handwerk nicht altbacken sein muss, zeigt ein seit 175 Jahren bestehendes Familienunternehmen in Meitzendorf.

Das ist meine Madre: Sie heißt Erika, ist anderthalb Jahre alt und wohnt im Kühlschrank.“ Schwungvoll stellt Marcus Ostendorf einen Eimer auf den großen Holztisch, während er diese Informationen preisgibt. Vorsichtig öffnet er den Deckel und Erika verströmt ein Aroma, das ein wenig an Sekt und Wein erinnert. Sie ist der Beweis dafür, mit welcher Leidenschaft der 28-jährige Meitzendorfer seinem Beruf nachgeht und dem angestaubten Image eines alten Handwerks mit seiner rebellisch anmutenden Ader neues Leben einhaucht. Marcus Ostendorf ist Bäckermeister und Erika hat er die Mutterhefe genannt, die er selbst gezüchtet hat, um Brot zu backen.

Seine „Madre“ – also Mutter – im biologischen Sinne ist Kerstin Ostendorf. „Meine Chefin“, wie Marcus mit einem Schmunzeln sagt. Denn sie ist die Inhaberin der Bäckerei Möhring, die es bereits seit 175 Jahren in der Langen Straße in Meitzendorf gibt. Und wenn die beiden über Brote, Brötchen, Baguettes und anderes Backwerk sprechen, ist die Leidenschaft, mit der sie ihren Beruf ausüben, deutlich herauszuhören. Leidenschaft ist auch von Nöten, um jede Nacht den Arbeitstag zwischen ein und zwei Uhr zu beginnen. Und sie sorgt dafür, dass es in der Auslage der Bäckerei nicht langweilig wird. „Die Menschen wollen auch mal etwas anderes essen, die Konsumgesellschaft hat sich verändert. Da muss man sich ausprobieren, ein bisschen experimentieren, ein bisschen was wagen“, sagt Marcus.

Seit 2017 hat er den Meisterbrief in der Tasche, ruht sich jedoch nicht auf den Lorbeeren aus, sondern bildet sich weiter und knüpft Kontakte zu anderen jungen Bäckern, um gemeinsam mit ihnen neue Ideen zu entwickeln. „Dasda“ ist auch aus einer solchen Kooperation entstanden. „Dasda“ ist ein Brot, hat immer denselben Namen und dasselbe Gewicht, alle zwei Wochen wird ein anderes Rezept genutzt. „Wir möchten damit die Kommunikation mit den Kunden fördern. Sie kommen in den Laden, sagen, sie hätten gern ‚Das da‘ und kommen so mit uns ins Gespräch, um herauszufinden, was ‚Dasda‘ diesmal eigentlich ist“, erklärt Marcus. „Dasda“ gab es bereits mit Sauerkraut verfeinert und in der Variante Bärlauch-Blauschimmel. Aktuell verbirgt sich dahinter ein Vollkornbrot mit Ananas und Curry.

So einfach die Namensgebung bei der Marke „Dasda“ ist, so einfallsreich sind die Ostendorfs bei den Baguettes. Oktopussy, Roter Baron oder Goldständer, um nur einige Beispiele zu nennen. „Man muss die Menschen doch neugierig machen und dafür braucht man auch mal verrückte Namen“, meint der 28-Jährige und schneidet das schwarze Baguette, das vor ihm auf dem Tisch liegt, in mehrere Stückchen. Ja, es ist schwarz, aber keineswegs verbrannt. Die Farbe kommt vom Tintenfisch: Sepia. Und der Geschmack ist wider Erwarten leicht süßlich. „Das kommt von den Cranberrys, die im Teig enthalten sind … Passt hervorragend zu einem kräftigen Camembert“, empfiehlt Marcus und erklärt nebenbei, wie wichtig es – nicht nur für den Geschmack – ist, beim Backen auf natürliche Zutaten und auf ursprüngliches, nicht hochgezüchtetes Getreide zurückzugreifen.

Dass ihr Sohn frischen Wind in die Backstube bringt, ist für Kerstin inzwischen selbstverständlich. „Am Anfang haben wir natürlich genau überlegt, ob wir in solch einem kleinen Ort mit ausgefallenen Produkten punkten können“, erzählt die Inhaberin des Familienunternehmens, in dem auch Ehemann Peter als Geselle und Tochter Leona als Konditorin tätig sind. Mit Erich Möhring, Kerstins Vater und damit eben auch Marcus‘ Opa, arbeiten drei Generationen in der Traditionsbäckerei. „Eigentlich bin ich Rentner“, sagt der Dienstälteste und fügt mit einem Lachen hinzu: „Aber es macht mir noch immer so viel Spaß, dass ich gern mitmischen möchte. Außerdem muss doch jemand die Jungen im Blick haben.“

Der Erfolg gibt Marcus Ostendorf Recht. Nicht nur die Meitzendorfer wissen das Angebot ihrer Bäckerei zu schätzen. Auch aus den umliegenden Gemeinden und aus Magdeburg kommen Kunden, um diverse Brot-, Baguette- und Kuchensorten zu kaufen. Zudem arbeitet das Familienunternehmen mit gastronomischen Einrichtungen in Magdeburg zusammen. Im Puppentheater beispielsweise oder im Brauhaus Brewckau kann man Kreationen aus Meitzendorf probieren. Auch beim LoMa in Stadtfeld ist Marcus regelmäßig anzutreffen. Eine weitere Gelegenheit, zu entdecken, was hinter „Dasda“ oder den ausgefallenen Baguette-Namen steckt, bietet die Küchenparty des Hotels Ratswaage Magdeburg. Am 30. Oktober können Gäste hinter die Kulissen blicken, auf Erkundungstour durch Küche und Restaurant gehen und mit Köchen und regionalen Partnern ins Gespräch kommen. An zahlreichen Ständen werden dabei unterschiedliche Speisen zubereitet. Marcus packt zu diesem Anlass nicht nur Oktopussy, den Goldständer, den Roten Baron und drei Sorten „DasdaBrot“ ein, sondern kreiert auch ein exklusives Brot für die Küchenparty. Was genau dahintersteckt, wird der 28-Jährige jedoch erst am 30. Oktober preisgeben. Tina Heinz

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