Das ist Buckau …
Samstagmorgen. Es ist kurz nach 6. Die Sonne hat sich noch nicht dazu durchringen können, hinter dem Horizont hervorzukriechen. Ebenso wenig die Menschen aus ihren Betten, so scheint es. Entlang der Schönebecker Straße herrscht Stille. Wo sich wochentags der Verkehr Richtung Zentrum oder stadtauswärts schiebt, stören jetzt – in diesem kurzen Augenblick, in dem das Fahrrad über den unebenen Geh- und Radweg holpert – keine Fußgänger, keine Autos, keine Straßenbahn die morgendliche Ruhe. Im Klosterbergegarten und entlang der Elbe verschärft sich der Eindruck, dass sich die Stadt noch im Schlafmodus befindet. Zwischen den Bäumen, über den Wiesen und dem Wasser wabern Nebelschwaden, durch die die Sonne nur mühsam ihre milchigen Strahlen schickt. Einatmen. Ausatmen. Wer braucht bei dieser Kulisse schon Yoga oder ähnliches? Das ist Buckau …
Vor dem Frühstück die erste Runde mit dem Hund. Vorbei an heruntergekommenen Backsteingebäuden, renovierungsbedürftigen Fachwerkhäuschen, aufgemotzten Loftwohnungen und imposanten Gründerzeit- und Stadtvillenfassaden. Egal, welche Ecke man durchstreift, Hundescheiße findet sich überall. Und jede Menge anderer Mist. Vor allem der „Scherbenpark“ zwischen Klosterberge-, Coqui- und Budenbergstraße gleicht einer Müllhalde. Jeden halben Meter bleibt der Hund stehen, um zu schnüffeln, Lebensmittelreste zu fressen oder mit knisternden Verpackungsresten zu spielen. In regelmäßigen Abständen erfolgt ein heftiger Ruck an der Leine, damit das Tier nicht in eine der zahlreich vorhandenen Glasscherben tritt. Auch das ist Buckau …
Einige Stunden später die nächste Runde mit dem Hund. Der „Scherbenpark“ wird diesmal gemieden. Das Wetter ist zu schön, die Laune zu gut, um sich wieder über den Zustand der verwilderten Anlage aufzuregen. Stattdessen ein Spaziergang durch die Klosterbergestraße. Erneut geht es nur schleppend voran, doch ausnahmsweise ist nicht der Hund, der ständig stehen bleibt, daran schuld, sondern die Person am anderen Ende der Leine. Die Schaufenster der kleinen Geschäfte und Ateliers wollen alle inspiziert werden. Ähnlich stellt sich die Situation im Engpass dar: stehenbleiben, schauen, zum nächsten Schaufenster vorrücken. Bis schließlich der Thiemplatz erreicht ist, wo Kinder lachend und jauchzend durch die Fontänen des Brunnens hüpfen. Das ist ebenfalls Buckau …
Noch ein paar Stunden später. Die Diskussion über die Abendgestaltung ist noch nicht abgeschlossen. Folk im Volksbad oder Klassik im Gesellschaftshaus? Vielleicht auch keine Musik, stattdessen eine Lesung im Literaturhaus oder in einer der Galerien? Vernissagen, Finissagen, Kleinkunst, große Kunst. Endlich mal wieder ins Puppentheater – falls es noch Karten gibt? Oder sich einfach mit Freunden auf ein Bier um die Ecke treffen? Die Nacht ist lang, die Wege sind kurz, die Möglichkeiten fast endlos … Und das ist erst recht Buckau. Tina Heinz