Bauchtanz und neue Trends
Eine Reihe ungewöhnlicher Sportarten hat in Magdeburg ihr Zuhause. Wie sieht es bei den Exoten aus? Und: Gelingt der Kampf um die Jugend? Das Bild im Internet sieht auf jeden Fall schon mal vielversprechend aus: Im Hintergrund der hell angestrahlte Dom, davor die glitzernde Elbe – und am gegenüberliegenden Ufer tummeln sich Eishockeyspieler. Was der „Magdeburger Eissportverein Mammut 2013“ da auf seiner Homepage zeigt, geht aber nicht über eine Fiktion hinaus. Die schnellste Mannschaftssportart der Welt hat in der Landeshauptstadt nämlich (noch) kein Zuhause. Aber stopp: Einen Verein gibt es bereits seit Jahren (vermutlich seit 2013), und er ist auch Mitglied im Stadtsportbund. „Ja“, berichtet SSB-Chef Jörg Bremer, „die sind bei uns mit acht Mann gemeldet.“ Es ist von ehrgeizigen Zukunftsplänen die Rede, von einer transportablen Eisanlage, von Hockey an Schulen. Doch über Ideen ist man bei den Eis-Cracks offenbar noch nicht hinausgekommen.
Wie die Mammuts verzeichnet die Stadt eine Reihe weiterer „Exoten-Vereine“ in ihren Mauern. Dazu zählen beispielsweise „Widukinds Wächter“. Im Gegensatz zu den virtuellen Eishockeyspielern kann man sie tatsächlich leibhaftig besichtigen. Ritterliche Kampfsportspiele, so nennt sich das Betätigungsfeld der 24 Mitglieder. Vor allem bei Großveranstaltungen sind sie gefragt. Da sie aber auch Wettkämpfe austragen, gehören sie dem SSB an.
Ein noch ganz junger Verein ist „Thai ‚N‘ Roll“. Doch der Zulauf zu dieser thailändischen Art des Boxens ist bereits enorm: 47 Mitglieder widmen sich dieser Kampfsportart. Nicht martialisch, dafür umso harmonischer geht es beim Verein „Tango Argentino“ zu. Es sei, heißt es in einer Selbstbeschreibung, „eine stilvolle Abwechslung zum Alltag“. Immerhin 24 Mitglieder gehören dem Tanz-Zirkel an, der sich regelmäßig im Tangocafé in der Feuerwache trifft. Weitere Exoten gefällig? Bitte: Bergsteigen bei Lok Südost, Kanu-Polo beim Kanuklub Falke, Speedminton (dem Badminton verwandt) beim SV Lindenweiler oder Capoeira (ein brasilianischer Kampftanz) beim USC. Wer es noch ein bisschen verwegener mag: Bauchtanz beim Polizei SV.
Auf den ersten Blick, könnte man meinen, wäre es von den Exoten zu den Trendsportarten nur ein recht kleiner Schritt. Doch weit gefehlt. Mit den Trendsportarten, die seit etwa einem Jahrzehnt bei Olympia immer mehr für Furore sorgen und mit Gewalt ins olympische Programm drängen, verbinden sich ganz andere Erwartungen und Hoffnungen. Hinter ihnen stehen ernstzunehmende wirtschaftliche Interessen ebenso wie ambitionierte sportliche Ziele. Fast noch wichtiger: Es scheint auf lange Sicht ein unverzichtbares Instrument, die Jugend überhaupt weiter an den organisierten Sport zu binden.
Was schon bei Olympia 2016 in Rio für den gesamtdeutschen Sport festzustellen war, gilt verallgemeinernd auch für Magdeburg: Im Land von Turnvater Jahn tut man sich schwer mit den Trendsportarten, hinkt der internationalen Entwicklung hinterher. „Gerade wenn wir die junge Generation weiter an uns binden wollen“, betont Bremer, „müssen wir diese Trends mitgehen“. Sein Appell: „Die Vereine sollten sich diesen Sportarten öffnen.“ (rb)