Andere Zeiten – andere Rituale

Hochzeit ist angesagt. Geändert haben sich allerdings in den vergangenen Jahrzehnten die Rituale, die damit verbunden sind. So wich der traditionelle Polterabend dem Junggesell(inn)enabschied.

Die veränderte Tradition beginnt bereits bei der Verlobung. Früher galt sie als Eheversprechen, das sich sogar einklagen ließ. Heute verloben sich Paare kaum noch. Es ist auch nicht mehr notwendig, in dieser Zeit das Ehevorhaben öffentlich zu machen – falls jemand Einspruch erheben will. Jenseits von kirchlichen Trauungen wurde selten viel Aufsehen um die eigentliche Eheschließung gemacht. So erzählt eine heute 90-jährige Magdeburgerin, dass am Abend vor der Hochzeit Kollegen und Freunde vorbeikamen, gepoltert haben und danach saß man gemütlich zusammen. Am nächsten Tag folgte dem Ja-Wort ein gemeinsames Essen mit der Familie, dann ging es auf Hochzeitsreise.     

Der Polterabend hat eine lange Tradition, auch in anderen Ländern wie Skandinavien, Polen, Österreich und in der Schweiz. Nach Überlieferung begannen im 17. Jahrhundert Freunde des künftigen Ehepaares, ihnen in der Nacht vor ihrer Hochzeit Streiche zu spielen. Daraus entstand die Tradition, altes Geschirr zu zerwerfen. Scherben bringen schließlich Glück und der Krach soll „böse  Geister“ vertreiben, damit das junge Glück unbeschwert in die Zukunft starten kann. Lärm wird heute eher durch Feuerwerk verursacht. 

Früher war hierzulande der Polterabend die eigentliche Feier. Es kamen schon mal hundert Personen oder mehr, um dem Paar alles Gute zu wünschen. Neben Familie, Freunden, Bekannten auch die Nachbarschaft oder sogar zufällige Passanten, die auf einen Glückwunsch Halt machten. Bereits in den 1980er Jahren begann sich der Ablauf Polterabend-Hochzeit leicht zu ändern: Statt zwei Feiertagen hintereinander, entschieden sich Paare häufiger für eine Pause dazwischen. Um die Hochzeit besser genießen zu können. Seit einigen Jahren gibt es die Polterfeier kaum noch. Wenn, dann vor allem in ländlichen Regionen. In Städten sieht man stattdessen bunt und/oder verrückt gekleidete Leute durch die Straßen ziehen – beim Junggesellenabschied. Dass Männer den Abschied vom Junggesellendasein feiern, ist nicht neu. Das gab es vor Generationen bereits. Meist traf man/n sich in Kneipen oder anderen Gastlichkeiten, um den Bräutigam zu feiern und seinen „letzten Tag in Freiheit“. Dass auch Frauen in ausgelassener Stimmung den Abschied vom Alleinsein feiern, gibt es erst seit einigen Jahren hierzulande. Bei ihnen steht mehr der Spaß im Vordergrund und gemeinsam eine schöne Zeit zu verbringen. Bei Männern gibt es vor allem Schabernack. Der Bräutigam muss sich alberne Kleidung anziehen, einen großen Babyanzug oder Frauenkleider, und so durch die Gegend ziehen. Andere verbringen ihre Zeit mit Aktionen oder Ausflügen in andere Städte. Gleich ist bei Frauen und Männern, dass sie beim Umzug auf der Straße Utensilien oder Küsse an Passanten verkaufen sollen. Ein Brauch, der aus anderen Ländern zu uns geschwabbt ist. Hintergrund: durch die Verkäufe Geld für die teure Hochzeitsfeier zu verdienen. Dazu reichen verkaufte Küsse, Luftballons oder Rosen schon lange nicht mehr. Heute kostet eine Hochzeit – Brautkleid und Anzug, Ringe, Feier – schon mal 10.000 Euro. Die Paare sparen gemeinsam für diese Investition. Dass die Eltern der Braut die Feier bezahlen und eine Mitgift geben, gehört der Vergangenheit an. Zumindest hierzulande. Damit wurde früher dem Mann „versüßt“, dass er künftig für seine Angetraute sorgen muss. Mittlerweile stehen Frauen finanziell auf eigenen Füßen und brauchen so eine „Zugabe“ nicht mehr.

Ob kleine Hochzeitsfeier oder große, das stille „Zusammenschreiben lassen“ im Standesamt oder kirchliche Trauung –  über alle Generationen erhalten ist, was direkt die Hochzeit betrifft: Die Braut braucht etwas Neues, etwas Altes, etvas Geliehenes und etwas Blaues am Tag der Hochzeit. Dass das Paar gemeinsam einen Baumstamm durchsägen soll, das gab es schon vor Generationen und gibt es heute noch. Ebenso „Blumenkinder“, das Werfen und Fangen des Brautstraußes und der erste gemeinsame Tanz des frischvermählten Paares. Der Tausch der Ringe natürlich ebenso, der gehört dazu. Als Zeichen der besonderen Verbundenheit. Zeitlos. Birgit Ahlert

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