Andere Länder, andere Trauer-Sitten
Menschen, in Schwarz gekleidet, versammeln sich auf einem Friedhof, um Abschied zu nehmen. Hier und da ist ein Schluchzen zu vernehmen. Tränen werden – vorsichtig tupfend – mit einem Stofftaschentuch getrocknet. Der Trauerredner verliert ein paar nette Worte. Beklemmende Stimmung. Wie sollte es anders sein bei einer Beerdigung und Trauerfeier? In Deutschland ist das Thema Tod aufgrund der christlich geprägten abendländischen Kulturgeschichte negativ besetzt und wird oftmals tabuisiert.
Das Wort Trauer-Feier lässt jedoch etwas ganz anderes erwarten. Zwar wird in unserem Kulturkreis deutlich mehr Wert auf den ersten Teil des Wortes gelegt. Andere Kulturen hingegen feiern beim Abschied von einem Menschen das Leben. Eines der bekanntesten Beispiele dafür ist die Trauerfeier für Nelson Mandela 2013 in Johannesburg. Tausende Menschen waren in farbenfroher Kleidung ins FNB-Stadion gekommen, um Südafrikas Nationalhelden die letzte Ehre zu erweisen. Sie sangen, tanzten, lachten und machten so die Veranstaltung zur wohl fröhlichsten Trauerfeier der Welt. In mitteleuropäischen Kreisen wäre das kaum vorstellbar – ausgelassene Stimmung angesichts des traurigen Anlasses.
Doch auch in anderen Regionen gibt es Trauerrituale, die auf uns eher befremdlich wirken. Angefangen in den USA, wo Verwandte ihren verstorbenen Familienangehörigen gerne mittels eines Aufklebers am Heck des Autos Respekt zollen. Die Traueranzeige muss schließlich nicht immer nur in der Zeitung erscheinen … Ebenso ist es dort üblich, den Verstorbenen für eine Trauerzeremonie am offenen Sarg oder für eine Aufbahrung einzubalsamieren. Zudem besteht die Möglichkeit, nach einer Einäscherung die Asche in einer Urne mitzunehmen, um sie nach den eigenen Vorstellungen beizusetzen, wobei dies nicht auf dem Friedhof geschehen muss. In Großbritannien kann die Asche des Verstorbenen ebenfalls an einem beliebigen Ort beigesetzt oder verteilt werden. Und in der Schweiz können die Hinterbliebenen im Falle der Trauerbewältigung die Asche über einen längeren Zeitraum bei sich behalten.
Ein Sarg hingegen muss in Ghana schon sein. Und die, die es sich leisten können oder wollen, suchen sich diesen schon zu Lebzeiten aus. Auf kunstvoll gezimmerte Särge wird dabei Wert gelegt – fantasievolle, bunt bemalte Werke. Einfache Einheits-Holzkisten reichen für die Bestattung nicht aus. Der Ursprung dafür liegt im Glauben der Volksgruppe der Ga, der besagt, dass der Sarg einen Anteil daran hat, wie es dem Verstorbenen im Jenseits ergeht. Der Sarg soll dabei einen gewissen Aspekt aus dem Leben der jeweiligen Person widerspiegeln und so stehen der Beruf oder bestimmte Leidenschaften bei der Sargauswahl im Vordergrund. Ein Obstbauer lässt sich eine Ananas zimmern, ein Pilot will im hölzernen Flugzeug beerdigt werden, für den Fußballer gibt es einen Sportschuh. Lediglich die Motive, die eine symbolische Bedeutung haben – Waffen oder Raubtiere beispielsweise –, werden ausschließlich den Clanchefs zugedacht.
Ganz andere Rituale werden im Buddhismus gepflegt. Aufgrund des Glaubens, dass der Körper eines Menschen nur geliehen ist, um in ihm auf der Erde Sinnvolles zu tun, sind Feuerbestattungen üblich. Denn stirbt ein Mensch, verlässt er seinen Körper und wird später in einer neuen „Hülle“ wiedergeboren. Der Tote wird im Zuhause der Hinterbliebenen bis zur Feuerbestattung aufgebahrt und die Asche wird später häufig dem Wasser übergeben. Ähnlich ist es im Hinduismus, da der Glaube an die Wiedergeburt ebenfalls die Vernichtung der körperlichen Hülle fordert – nur so kann die Seele für das nächste Leben befreit werden. Auch im Hinduismus wird die Asche in ein heiliges Gewässer gestreut – wie beispielsweise in den Ganges in Indien.
Egal, auf welchen Kontinent man blickt, der Umgang mit dem Tod und die Trauerrituale in anderen Kulturen wirken auf uns häufig befremdlich – manchmal merkwürdig, manchmal abstoßend, manchmal auch erfrischend. Und das hinterlässt einen Eindruck der Selbstverständlichkeit: Der Tod gehört zum Leben … Tina Heinz