Von Fall zu Fall: Willi Suffke gegen „Hopfenstolz“

Willi Suffke, ein echter Liebhaber des blonden Gerstensaftes, der nach alten deutschen Reinlichkeitsgeboten in seiner heimischen Brauerei um die Ecke mit treffendem Markennamen „Was soll’s – Hopfenstolz“ gebraut wird, ist nunmehr – da er sich bereits nach dem morgendlichen Aufstehen gegen 10 Uhr mindestens zwei Flaschen mit ebenjenem Inhalte einverleiben musste, um hernach das Zittern seiner rechten Hand während des Zähneputzens eindämmen zu können – zur leicht ernüchternden Erkenntnis gekommen, dass nicht nur die Zahnbürste seiner Gattin nicht mehr neben seiner, sondern auch die Gattin selbst seit geraumer Zeit woanders steckte, also unwiderbringlich abgängig war.

Dieser ändernde Lebensumstand war Willi Suffke besonders durch das kürzlich eingetroffene Schreiben eines Rechtsanwaltes seiner Noch-Frau in höflicher, dennoch absolut bestimmter Art und Weise eingedämmert worden – da hieß es:

„So hat sich Ihre Gattin nach reiflicher, nüchterner Überlegung entschlossen, künftig einen neuen Lebensabschnitt ohne Ihre personelle Mitgestaltung und insbesondere auch ohne Ihre körperliche und geistige Anwesenheit zu genehmigen. Ihr Alkoholkonsum von mind. 10 Litern Gerstensaft pro Kalendertag, gepaart mit entsprechenden Erscheinungen, die Sie bereits Ihren Job und Führerschein gekostet haben, führten nun auch Ihre Gattin zum entsprechenden Schritt der Trennung – koste es nun, was es wolle. Der Ehescheidungsantrag geht Ihnen insofern demnächstens zu.“

Kurzum, Willi hatte sein bisheriges Leben mehr der Brauerei, denn seiner Gattin und einem paargerechten, irgendwie „normalen“ Leben gewidmet, war nun, nach seinem exzessiven Bierkonsum „gesingelter Alkoholiker“ – daneben auch mangels Arbeit vollends pleite – überdies als Folge mit einer leicht gelblichen Hautverfärbung und einer knallroten Nase versehen worden.

Aber so schnell gab er nicht auf. Doch nicht Willi Suffke. Eines Tages nach der 6. Flasche Pils, so gegen Mittag, machte er den Schuldigen dafür aus. Natürlich „Hopfenstolz“! Die Brauerei! Willi versuchte, zu überlegen: „Wenn die das jute Bier machen und ich davon so ville trinke, weil es so jut schmeckt, na dann sind doch die ooch Schuld an de jannze Sch…e! Da steht ja ooch nüscht druff, dass man davon ne Macke kriejen tut!“

So begab er sich am nächsten Morgen – noch vor dem Zähneputzen – einigermaßen nüchtern zu einem jungen, dynamischen Anwalt und teilte ihm seine Denke mit. Sofort wurde ihm versprochen, kurzen Prozess zu machen, die Brauerei zu verklagen, die Presse einzuschalten, dann einen Musterprozess gegen alle Brauereien der ganzen Welt, aber vielleicht doch erst mal im Lande, zu führen und in die Knie zu zwingen – schließlich wurde er ja gar nicht richtig über Risiken und Nebenwirkungen beim hohen Konsum des Hopfenmalzes aufgeklärt, da keine Hinweise auf dem Etikett standen, so, wie bei den Zigaretten, jawollja! Und schon ging´s los – Klageschrift ab ans Gericht und Schadensersatz von 15.000 Euro als Anfang gefordert, später noch viel mehr… Da glänzten Willis Augen. Diesmal vor Freude. Er sah sich schon als Sieger mit Bergen von vollen Bierkästen als Genugtung von „Hopfenstolz“ – kostenfrei nach Hause geliefert – lebenslänglich.

Aber was meinten die Richter dazu? Ein Bierproduzent kann nicht auf Ersatz eines Schadens aus übermäßigem Alkoholkonsum in Anspruch genommen werden. Ein Bierhersteller ist nicht dazu verpflichtet, auf den Flaschen seines Produktes auf die Gefahren durch übermäßigen Alkoholkonsum hinzuweisen. Diese sind allgemein bekannt, so dass dem Produkthersteller keine Hinweispflicht obliegt. Wissen über "Risiken und Nebenwirkungen" exzessiven Alkoholkonsums gehören zum allgemeinen Grundwissen.

„Die Kenntnis von den Wirkungen alkoholischer Getränke, nicht in den medizinischen Details, jedoch in der Kernproblematik, gehöre zum allgemeinen Grundwissen. Im Rahmen der ihm obliegenden Verkehrssicherungspflicht sei ein Produkthersteller zwar gehalten, die Produktanwender durch sachgemäße Instruktionen vor Gefahren zu warnen, die vom Produkt ausgehen könnten. Diese Pflicht erstrecke sich jedoch nicht auf solche Gefahren, die jedem Verständigen einleuchten müssen. Eine Warnung sei nicht erforderlich, wenn der Produktanwender selbst über die sicherheitsrelevanten Informationen verfügt. Selbst bei Annahme einer Produkthaftung des Bierproduzenten wiege das Eigenverschulden des Antragstellers derart schwer, dass demgegenüber eine Verantwortlichkeit des Herstellers nicht ins Gewicht falle. Das Gericht konnte im vorliegenden Fall auch nicht davon ausgehen, dass eine ausreichende Warnung die vorgetragenen Schäden vermieden hätte. (Quelle: Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 14.02.2001 - 9 W 23/00 -) Jeder Produkteverwender, also auch Willi Suffke, ist für seine Lebensführung selbst verantwortlich! Willi war so geschockt, dass ihm der Appetit auf „Hopfenstolz“ vergangen war… Er wechselte zumindest erst einmal die Marke – später wohl auch die Unterkunft …

Und die Moral von der Geschicht?
Der Mensch hat ein Gehirn.
Das sollte er auch nutzen.
Das hat er nämlich auch,
nicht nur zum Zähneputzen.
Ob mit oder ohne ein Bier,
kann er damit klar denken,
kann mit ein wenig Grips
sein eignes Leben lenken.

Viele Grüße von Ihrem Magdeburger Rechtsanwalt Andreas Dahm
www.kanzlei-dahm.de

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