Verstandesamt: Volksverwendungs-Schwierigkeiten
In höheren Regierungskreisen wird erwogen das Wort Volk nicht mehr zu verwenden. Die Verwendung könnte geschichtsrevisionistisch sein. Über die Einführung der Redewendung „die, die schon länger hier leben“ wird nun nachgedacht. Das Verstandesamt prüft deshalb, wie viele deutsche Wortverbindungen vom Wort Volk befreit werden können. Volksarmee, Volkspolizei oder Volkskammer sind bereits aus dem Sprachgebrauch verbannt. Von Volkseigenen Betrieben spricht auch niemand mehr. Volksmusik hat noch Hochkonjunktur. Weniger dagegen Volkstanz. Was soll aus Volkswagen werden? Das Amt prüft die Verwendung von „Wagen für jene, die schon länger hier leben“. Dies hätte rassistische Ausschlussaspekte. Solche, die „erst seit einiger Zeit hier leben“, könnten ein solches Auto nicht erwerben. Und es litte die Volkswirtschaft darunter. Volkswirtschaftler hätten Berufsverbot. Und was wird aus Volksvertretern? Darf man noch den Volksmund zu Wort kommen lassen? Die Volkshochschule wäre ebenfalls problembehaftet. In Sachsen-Anhalt gibt es den Landesverband der Volkssolidarität. Der ist mit 28.759 Mitgliedern in 13 Kreis- und Regionalverbänden einer der mitgliederstärksten Sozialverbände. Wegen der vorrangig meist alten Mitglieder könnte sich das Namensproblem auf natürlichweise lösen. Gut, das war jetzt kein verstandesamtlich berechtigter Einwand. Schließlich könnten solche Äußerungen zur Verletzung der Volksseele führen. Volksseele müsste aber auch ersetzt werden. Selbst Tageszeitungen, die den Begriff Volk im Namen tragen, müssten ihren Titel überdenken. Ein Vorschlag könnte lauten: „Stimme derer, die schon länger hier leben“. Doch das wäre wiederum ein Leseausschluss für die hier kürzer Verweilenden. Ein verstandesamtlicher Vorschlag für das Problem der Wortbeseitigung Volk lautet, einen Volksentscheid herbeizuführen, um selbigen danach wahrscheinlich amtlich abschaffen zu müssen. i. A. Knüllig-Dingeldeu, Verstandesamtsrat