Verstandesamt: Bildungspolitik ohne Zusammenhang

Politiker beschweren sich häufig darüber, dass von ihnen geäußerte Sätze aus dem Zusammenhang gerissen und anschließend verzerrt oder in völlig anderen Beziehungen wiedergegeben würden. Es gibt andererseits Fälle, in denen Politiker selbst aus dem Kontext treten. Solche müssen regelmäßig einer verstandesamtlichen Prüfung unterzogen werden. Dr. Hans-Thomas Tillschneider verbreitete kürzlich ein Porträt mit folgendem eigenen Zitat: „Anstatt die Faulen und Undisziplinierten für ihr Verhalten zu belohnen, sollten wir überlegen, wie wir die Schüler zu mehr Fleiß und Disziplin erziehen können.“ Um den Verstandeszustand des bildungspolitischen Sprechers der AfD-Fraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt einschätzen zu können, müssen folgende Fragen geklärt werden. Meint Herr Tillschneider, dass fleißige Schüler kein Lob bzw. Belohnung erhalten? Wo hat er solche Defizite festgestellt? Wenn er „die Schüler…“ schreibt, ist damit zu verstehen, dass es überhaupt keine fleißigen und disziplinierten gibt? Und schließlich: Welche Überlegungen zu disziplinierterem Verhalten schweben ihm vor: die Wiedereinführung des Rohrstocks? Im Verstandesamt werden jetzt die Umstände geprüft, unter denen der Politiker während seiner Schulzeit heranwuchs. Möglicherweise lagen dort eigene Disziplinmängel vor bzw. er musste in seinem Umfeld entsprechende traumatische Erfahrungen durch andere Disziplinlose hinnehmen. Maßstäbe solcher Bewertungen entstehen bereits im Kindesalter. Davon ist auch Herr Tillschneider nicht frei. Bevor das Verstandesamt zu einem abschließenden Prüfungsergebnis kommt, wird empfohlen, dass Herr Tillschneider vorerst keine zusammenhangsfreien Sätze veröffentlicht. Eltern, Kinder, Pädagogen, Erzieher und Unbeteiligte könnten von Teilen seiner Äußerungen verunsichert werden. Dies darf nicht Anliegen und Verantwortung eines Bildungspolitikers sein. i. A. Knüllig-Dingeldeu, Verstandesamtsrat

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