Salongeflüster: Weiche Weichen
In meinem Frisiersalon habe ich so wenig Kunden wie nie. Die einen sagen, es liegt daran, dass ich keine guten Frisuren schneiden kann, die anderen wissen natürlich, dass ich nicht schuld bin. Denn natürlich sind meine Haarschnitte nicht die besten, aber das liegt an den Haaren der Kunden. Gerade jetzt bei der Hitze kommen sie mit verklebtem Haupthaar zu mir und wollen, dass ich sie wieder herrichte. Sie sparen Wasser, erklären sie mir dann. Bei der Hitze müssten sie sich entscheiden: Entweder die Erdbeeren und den Blumenkohl zu wässern oder sich und ihre Haare zu waschen. Sonst wird das doch zu teuer. So kommen sie als lebende Stinkbomben in meinen Salon und erwarten eine Grundreinigung. Ich habe schon überlegt, einige in die Waschanlage der nächstegelegenen Tankstelle zu schicken, damit sie dort wenigstens einigermaßen gereinigt sind. Andererseits sind viele so gut eingefettet, dass mein Schneidwerkzeug beim Haarkontakt gleich frisch geölt wird. Das Schlimme daran ist, dass sie so auch mit der Straßenbahn fahren. So viele Fenster kann man in der Bahn gar nicht aufreißen, dass sich dieses Aroma verflüchtigt. Und da ich wegen des unendlichen Tunnels so lange fahren muss, überlege ich schon, mir Korken in die Nase zu schieben. Jetzt bin ich noch länger unterwegs, weil die Weiche am Hassel so weich ist, dass nur eine Bahn in die Otto-von-Guericke-Straße reinkommt. Und das ist ausgerechnet die 2. Kaum war die Weiche wieder hart, weichte sie schon wieder auf. Oder wich sie nur aus? Egal, beim ersten Mal war es die Kälte, beim zweiten Mal die Hitze, die für die Abweichung sorgte. Weichen sind total wetterfühlig. Wahrscheinlich haben sie sogar Allergien. Gegen Straßenbahnen. Dann ersetzt doch die Weichen durch Harte. Aber wahrscheinlich beschweren sich dann irgendwelche Weicheier. Nun fährt auch noch der Bus durch die Leipziger und keine Bahn mehr nach Reform. Ich bin sicher, wenn die letzte Baustelle endlich fertig ist, dann fährt sowieso keiner mehr mit der Straßenbahn. In diesem Sinne: Der Nächste bitte. Lars Johansen