Salongeflüster: Unzufrieden

Mein Salon hat ja jetzt auch Jubiläum. Die hunderste unzufriedene Kundin kommt morgen vorbei. Das ist Frau Schulz. Die ist immer unzufrieden. Ich glaube, die war schon bei der Geburt unzufrieden damit, Frau Schulz zu sein. Aber sie kommt immer wieder zu mir. Nach dem Frisiervorgang ist sie dann … Genau, unzufrieden. Zu lang, zu kurz, zu voll, zu dünn, zu blond, zu grau, zu warm, zu kalt, genau richtig. Das letzte habe ich mir jetzt ausgedacht, das habe ich noch nie von ihr gehört. Wenn ich sie frage, warum sie immer wieder zu mir kommt, dann erwidert sie, bei mir sei sie zwar auch immer unzufrieden, aber nicht ganz so unzufrieden wie bei den anderen Friseurgeschäften in der Stadt. Es gibt also bei ihrer Unzufriedenheit immerhin Abstufungen. Mit dem Tunnelbau und der Situation am Hassel ist sie total unzufrieden, ein kostenloses Erdbeereis an einem milden Sommerabend vermag sie zwar nicht zu beglücken, aber es hätte schlimmer kommen können.
Das wollte ich eigentlich gar nicht erzählen, es geht vielmehr um meinen neuen Föhn. Der stinkt. Billig war er nun nicht gerade, also habe ich mich beim Hersteller beschwert. Die sagen, sie hätten sich genau an die gesetzlichen Bestimmungen gehalten. Schuld wäre das Plastik. Ich sagte, ich hätte extra mehr ausgegeben, um eben kein stinkendes Plastik zu haben. Da boten sie mir ein kostenloses Softwareupdate an. Danach würde es nicht mehr stinken. Software? Bei einem Föhn? Ja, Plastik wäre doch so biegsam, also soft. Sie holen es raus und fertig. Ich frage vorsichtig: Aber warum denn jetzt Plastik drin sei, wenn es doch auch ohne ginge? Dann wäre ich doch gleich zufrieden gewesen. Das hilft keinem. Jetzt hätte ich ihren netten Service kennen gelernt und mir wäre schnell geholfen worden. So was merkt man sich viel eher. Oder wäre ich etwa unzufrieden? Ich sagte, mein Name wäre Schulz. Es wurde plötzlich sehr ruhig. Sie müssen sie auch kennen. Morgen bekomme ich kostenlos zehn nicht stinkende Geräte und mein Geld zurück. Ich bin nicht ganz unzufrieden. In diesem Sinne: Der Nächste bitte.

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