Salongeflüster: Blackout in der Smart-Gesellschaft

Neulich gab es in meinem Frisiersalon einen Stromausfall. In solchen Momenten bin ich froh, dass ich nicht komplett alles auf einen Smart-Haircutshop umgestellt habe. Heute bekommt ja alles vorne ein Smart verpasst, wenn es zwar nicht smart, aber mit dem Internet verbunden ist. Da kann man auf dem Smart-TV dann auch Internet schauen. Und vor allem in ebendiesem bestellen. Zwei Knopfdrücke und schon wird wieder irgendetwas Überflüssiges ins Haus geliefert, das man für zwei Minuten ganz großartig fand, aber von dem man, wenn es nach zwei Tagen kommt, eigentlich überhaupt nicht mehr weiß, warum. Früher brauchte es ein paar Arbeitsgänge, bevor man zur Bestellung schritt, heute kann es sogar passieren, dass die Spracherkennungssoft ware direkt bestellt, wenn ich irgendetwas vor mich hin murmle. In Amerika hat neulich ein kleines Kind ungewollt ein Puppenhaus bestellt, weil es das vor dem Bildschirm laut ausgesprochen hatte. Und der Moderator, der diese Meldung in einer Nachrichtensendung vortrug, sorgte dadurch dafür, dass diverse Smart-TVs der Zuschauer auch bestellten, weil sie die Worte Puppenhaus und Bestellung direkt kombinierten. Daher lesen Sie diesen Artikel lieber nicht laut, sonst bekommen Sie morgen auch ein Puppenhaus geliefert.

Jedenfalls bin ich froh, dass ich kein Smartie bin. Ich schneide noch von Hand ab. Denn smart wird appgeschnitten, also das eigene Smartphone sucht per App vollautomatisch die Frisur aus, von der es denkt, dass sie dem Besitzer am besten gefallen würde. Und schon sehen Sie aus wie Kojak, nur weil Sie neulich ein paar alte Folgen dieser Serie im Internet geschaut und danach aus Interesse nach prominenten Glatzköpfen gegoogelt haben. Wenn Sie ein Mann sind, mag das noch angehen, als Frau drehen Sie vermutlich durch. Aber wenn Sie dann „Ich werd' verrückt“ schreien und dabei undeutlich sprechen, versteht das Gerät vielleicht „Perück“, bestellt welche und alles wird gut.

Keine Angst, bei mir werden Sie noch per Hand entstellt. In diesem Sinne: „Der Nächste bitte.“ Wort-Coiffeur Lars Johansen

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