Salongeflüster: Ausflug nach Schweden

Langsam wird es wärmer und alle wollen Ausflüge machen. Da die meisten aber nicht fliegen können, kommen sie erst mal zu mir und fragen nach windschnittigen Frisuren. Herren lassen sich jetzt auch gerne blondieren. Sieht zwar blöd aus, aber der Trump-Cut ist trotzdem gefragt. Immer mehr Politiker wollen den jetzt haben. Und sogar ein paar Frauen. Dabei sieht man hinterher immer so vertwittert aus.
In den Geschäften rund um meinen Salon geht die IKEA-Angst um. Seit dem Richtfest zittern sie vor dem Spätsommer. Manchmal denke ich, dass die halbe Stadtverwaltung von den Schweden gekauft worden ist, weil die Baustellen in der Innenstadt den Geschäften den Rest geben. Die Verwalter würden doch nie direkt vor IKEA die Abfahrt vom Ring sperren, egal wie dringend eine Reparatur nötig wäre. Und wenn der Baubeigeordnete hier noch nie im Stau gestanden haben will, dann muss er zu Fuß unterwegs sein. Oder er kommt erst um 11 zur Arbeit. Trümper sagt, bisher hatten wir eben dörfliche Verhältnisse. Das erklärt die ganze Bauerei: Wir wollen endlich Stadt werden. Deshalb ist er auch nach dem Ende der Bauarbeiten weg, denn dann brauchen wir was besseres als einen Dorfbürgermeister. Wir sollten uns daher jetzt auch nicht um den Titel der Kulturhauptstadt bewerben, sondern bei „Unser Dorf soll schöner werden“ mitmachen. Da kommen wir gut zwischen Hohenerxleben und Wolfsburg unter.
Mir jedenfalls macht dieses schwedische Möbelhaus keine Angst. Selbst wenn die da einen Friseur hätten, kommen meine Kunden zu mir zurück. Weil sie so Haare schneiden, wie sie Möbel verkaufen, kriegst du dort sowieso nur einen Kamm, eine Schere und eine Schablone. Dazu kommt noch eine große Zeichnung, auf der du sehen kannst, wie das Frisieren funktioniert. Fehlen nur noch ein paar Schrauben, um die Dauerwelle zu fixieren. Wenn du fertig bist, siehst du nachher obenrum so aus wie ein Billyregal ohne Bücher oder eine große Portion Köttbullar. Und ich darf das wieder reparieren.
In diesem Sinne: Der Nächste bitte.

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