Salongeflüster: Alleskönner und andere Baustellen
Neulich dachte ich so bei mir, ich müsste es wie die Stadt machen, präziser wie die MVB. Ich meine, die schneiden zwar keine Haare, aber Geschäft ist Geschäft und Kunden sind Kunden. Wenn ich auf einmal gleichzeitig alle meine Trockenhauben und Föhns in die Reparatur gäbe, dann könnte ich nur auf Lufttrocknung hoffen. Bei der Hitze draußen ist das zwar möglich, aber meine Kunden würden von mir wissen wollen, warum ich dafür Geld nehme. Ich könnte ja was von klimaschonender Ökotrocknung erzählen und den doppelten Preis verlangen, aber so verkommen bin ich nun doch noch nicht. Andererseits... Egal, wenn ich dazu meine Scheren und Rasierapparate reparieren oder schärfen lasse und ersatzweise mit einer Papierschere aus Plaste an den Haaren herumschnippelte, dann würden mich die zersausten Menschen wütend anschnauzen, was ich mir dabei denke. Und wenn ich jetzt auch noch gleichzeitig den Preis anhebe, spätestens dann müsste ich Selbstverteidigungskurse belegen. Denn so richtig einverstanden wäre wohl kaum jemand damit. Genau das aber macht die MVB in diesem Sommer: Überall werden gleichzeitig Schienen verlegt. Dabei gibt es vielleicht 20 Menschen in Magdeburg, die das können. 15 davon arbeiten an der Tunnelbaustelle, 15 auf der Schönebecker Straße und 15 am Nordabschnitt vom Breiten Weg. Das sind schon minus 25. Dazu kommen noch die neuen Linien. Und auch da müssen noch ein paar Minusmänner arbeiten. Jetzt die Preise für die Seniorenkarten um satte 10% anheben, das hat schon etwas Tollkühnes, sind doch die Umsteigemöglichkeiten zu den Ersatzbussen in der Stadt nicht einmal barrierefrei. Musst du eben mit dem Rollstuhl, Rollator oder Kinderwagen sehen, wie du von Nord nach Süd kommst. Bleib am besten zuhause. Dann komme ich bei dir vorbei und schneide dich mit deiner eigenen Schere. Also halte ja gutes Werkzeug bereit, sonst musst du dich in die MVB zwängen. Eins habe ich jetzt auf meine alten Tage doch noch gelernt und zwar wie man sparsam mit seinen Ressourcen umgeht. Wenn jemand in den Laden kommt und will die Haare gefärbt haben, dann frage ich danach, welche Farbe es sein soll und dann färbe ich hellblau, egal was sie sagen. Denn hellblau habe ich noch massig da. Und wenn sich jemand beschwert, verweise ich auf das große Schild am Eingang: „Wir arbeiten nach EU-Normen.“ Das ist die von-der-Leyen-Methode. Egal, was Sie wählen, Sie kriegen die muffigen Reste, die sonst keiner will. In diesem Sinne: Der Nächste bitte. Wort-Coiffeur Lars Johansen