Römers Reich: Mehr oder weniger Gesetze?
Tue Gutes und rede darüber.“ So lautet ein alter Spruch. Ein anderer sagt dagegen „Eigenlob stinkt“. Nie weiß man, wie es richtig ist und egal, was man macht, immer gibt es jemanden, dem das nicht in den Kram passt. Ich bin manchmal auch so einer. Jedenfalls wusste ich eines schönen Montagabends, Anfang September, nicht so richtig, wie ich mit den lobenden Worten unseres Ministerpräsidenten Dr. Reiner Haseloff über die Arbeit der eigenen Landtagsfraktion umgehen sollte.
Für die Qualität der politischen Tatkraft in der Kenia-Koalition führte der Regierungschef 71 Gesetzesentwürfe seiner Partei an, die seit Beginn der Legislaturperiode zur Beratung eingebracht worden sind. Ich habe mir die Zahl schließlich noch einmal still und ehrfürchtig durch den Kopf gehen lassen. Was für eine Leistung?, dachte ich. Später habe ich nachgelesen, welche bahnbrechenden Normen von der Regierungsfraktion auf den Weg gebracht wurden. Ein Entwurf trägt den Titel: „Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 und zur Anpassung von bereichsspezifischen Datenschutzvorschriften an die Richtlinie (EU) 2016/680 sowie zur Regelung der Datenschutzaufsicht im Bereich des Verfassungsschutzes“. Natürlich habe ich dieses sperrige Wort-Ungeheuer als Exempel aufgeführt, damit man die epochale Kraft der Volksvertreter-Tätigkeit besser erkennen kann. Unter den Gesetzentwürfen waren ja auch lebensnotwendige Haushaltsgesetze, solche zur Kinderbetreuung und viele andere. Über den Inhalt wollte ich hier gar nicht urteilen. Es geht mir vielmehr um die Frage, ob man überhaupt mit der Anzahl von Gesetzen auf eine gute politische Arbeit schließen könnte. Der Minis- terpräsident wollte es wohl gern so sehen. Man sollte den Parlamentariern unbedingt mitteilen, dass sich die Güte ihrer Gesetzgebung in der Realität beweist und nicht anhand ihrer Verkündigung, oft nicht einmal an einem schwer ausgehandelten Kompromiss. Kompromisse sorgen in der Regel für weniger Praktikabilität.
Als Herr Dr. Haseloff sich und seinen Parteifreunden verbal auf die Schulter klopfte, erinnerte ich mich daran, dass in Wahlkämpfen oft gebetsmühlenartig versprochen wird, künftig den Gesetzesdschungel zu durchforsten. Überall herrsche schließlich Überregelierung. Nur werden es so kurioserweise nie weniger Gesetze. Dass ich mich an solche Versprechen erinnern kann, kam dem Landesvater wohl nicht in den Sinn. Wenn es in der nächsten CDU-Parteiversammlung – ich gebe zu, ich fühlte mich in der Situation ein wenig an DDR-Zeiten erinnert – mal wieder um die Bewertung der eigenen Arbeit geht, sollte man vielleicht mit wenigen Gesetzesvorlagen glänzen. Und wann wird endlich ein Entwurf über das Gesetz zur Gesetzesvermeidung im Landtag vorgelegt? Das wäre vielleicht eine wegweisende Regel. Axel Römer