Mit oder ohne …
Meinen Freund dazu zu bewegen, mich zum Einkaufen zu begleiten, ist schier unmöglich. Er bestellt lieber alles online. Na gut, nicht alles. Schrauben zum Beispiel oder Sägeblätter oder irgendwelche neuen Aufsätze für irgendeine tolle Maschine kauft er gern im Baumarkt. Dann kann er nämlich beim Durchforsten der Regale, um die Dinge zu finden, die er eigentlich benötigt, gleich mal nach Dingen schauen, die er gar nicht benötigt. Einen leistungsstärkeren Akkuschrauber oder eine neue Säge zum Sägeblatt. Beim Besuch des Baumarktes ist er in seinem Element. Geht es aber um Hosen, Röcke, Pullover, Shirts oder Schuhe ist er nicht bereit, das Haus zu verlassen. „Hier, schau mal.“ Mit diesem Satz hält er mir dann sein Smartphone unter die Nase, um mir auf einem der diversen Online-Shopping-Portale Blusen oder Kleider in allen Mustern und Farben zu zeigen. Wenn ich protestiere, dass ich nichts auf dem kleinen Bildschirm erkennen kann, öffnet er dieselbe Seite auf seinem Laptop. Den schiebe ich schließlich genervt weg und sage ihm, das sei alles zu unübersichtlich. Was er wiederum nicht verstehen kann, weil er den „Klamotten-Wust“ in den Geschäften noch viel unübersichtlicher findet. Daraufhin kontere ich: Auf dem Bildschirm wirken die Farben oft anders, die Größen fallen manchmal unterschiedlich aus, ich weiß nicht, wie dieser oder jener Schnitt an mir wirkt und außerdem kann ich die Sachen online nicht anfassen, um das Material zu fühlen. Spätestens an diesem Punkt der Diskussion verdreht er gereizt die Augen und teilt mir mit, dass ich doch alles, was mir nicht gefiele, zurückschicken könne. „Sehr nachhaltig ist das“, sage ich daraufhin nicht minder gereizt und gebe ihm zu bedenken, dass ich im schlimmsten Fall anschließend noch immer ohne neues Kleidungsstück dastehe, wenn ich alles wieder zurücksenden muss. Irgendwann gibt mein Freund dann auf und schlägt vor, dass wir morgen oder übermorgen gemeinsam durch die Stadt bummeln könnten. Doch wenn es so weit ist, streicht er meist nach 90 Minuten und fünf Geschäften bereits die Segel. Mit sieben Tüten bepackt steht er vor der Tür zum nächsten Geschäft und schwört, mich nie wieder zum Einkaufen zu begleiten. Und ich habe nun auch endlich verstanden, warum er Online-Shopping bevorzugt: Es ist ihm lieber, wenn an seiner statt der Paketbote meine Einkäufe schleppt … Leonie Felix