Mit oder ohne ...

Manchmal frage ich mich, wie meine Mutter es mit ihrem Mann aushält … also mit meinem Vater. Vor allem beim Thema Essen prallen da zwei Welten aufeinander. Wenn es nach meinem Vater ginge, würde er sich ungefähr so abwechslungsreich ernähren wie ein Kind, das sich zu jeder Mahlzeit Spaghetti mit Tomatensoße wünscht. Arme Mama … da hat sie’s wirklich nicht leicht. Vor einer Weile geriet ich dann selbst in diese bemitleidenswerte Lage, da sich Mutter entschlossen hatte, mit zwei Freundinnen zu einem siebentägigen Städtetrip aufzubrechen. „Das ist nichts für mich“, lautete die Einschätzung meines Vaters, nachdem Mama den Wunsch, einmal nach Madrid zu reisen, vor einem Jahr kundgetan hatte. Dann eben nicht! Man muss ja nicht immer alles gemeinsam machen, nur weil man verheiratet ist … Kurzzeitig stand das Unterfangen tatsächlich auf der Kippe, weil sich mein Vater wenige Tage vor der Abreise seiner Frau den rechten Arm gebrochen hatte. „Das hat der doch mit Absicht gemacht“, war daraufhin die Schlussfolgerung meiner Mutter. Um die Wogen zu glätten, schlug ich vor, mich um Papa zu kümmern, während Mama mit ihren Freundinnen Madrid unsicher macht. Gute Idee. Oder auch nicht. Denn schon bevor ihre Koffer überhaupt gepackt waren, standen Schweißperlen auf meiner Stirn, als ich versuchte, einen Essensplan für ihn zu schmieden. Schnitzel mit Gemüse und Kartoffeln, Erbsensuppe mit Bockwurst, Bratkartoffeln mit Spiegelei und Speck, Steak mit Rosmarinkartoffeln … Irgendwie ganz schön Fleisch- und Kartoffel-lastig. Angesichts der Tatsache, dass Vater jedes für ihn überflüssig erscheinende Salatblatt verschmähte oder den einen Löffel Möhrengemüse neben seinem Schnitzel gar nicht anrührte, bekam ich Angstzustände, als ich die Brokkoli-Cremesuppe an Tag fünf zubereitete. Als wir uns schließlich an den Tisch setzten, um gemeinsam zu essen, war ich zunächst erleichtert. Er verspeiste Löffel um Löffel. Sein Gesicht verfinsterte sich erst, als ich ihm mitteilte, was genau er da isst. Ob das denn sein müsse, lautete seine vorwurfsvolle Frage. Und als ich ihm daraufhin einen Vortrag über gesunde, abwechslungsreiche Ernährung hielt, erwiderte er nur: „Ich hab‘ nichts gegen Gemüse … solange ein Stück Fleisch daneben liegt.“ Leonie Felix

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