Meine Ex sagt ...

… , das mit den Geschenken zu Weihnachten sei jetzt ein für alle Mal vorbei. Mit ihrem Freund hätte sie sich geeinigt, dass sie sich nichts mehr schenken würden. Den ganzen Einkaufsstress in der Vorweihnachtszeit wollten sie sich ersparen und außerdem wisse man ja doch nie so richtig, ob sich der andere über das Geschenk freuen würde. Man kaufe nur so aus Verpflichtung und am Ende bliebe vielleicht noch ein schlechtes Gewissen, wenn das Präsent dann nicht richtig gefällt. Das sei aber doch ein wenig schade, so ganz ohne gegenseitige Aufmerksamkeit, entgegnete ich ihr. Blödsinn, meinte sie, dem Konsumwahn müsse man durch so eine Verpflichtung nicht noch Vorschub leisten. Ob es denn nicht auch ohne Kaufzwang schöne Geschenke gäbe, wollte ich wissen. Sie könnten sich doch Aufmerksamkeit und Zeit füreinander bescheren. Mit einem gemeinsamen Ausgehen, Essen, einer liebevollen sehr persönlichen Geste als Grußkarte oder Brief. Sich ein lange gehegtes Vorhaben erfüllen oder ähnliches – das wäre sicher etwas, woran sich beide erfreuen könnten. Ja, da wäre wohl etwas dran, meinte sie. Doch ihr Freund hätte doch andere Interessen und es sei schwer, da für beide etwas zu finden, woran sie sich gleichermaßen begeistern könnten. Das klinge ja noch trauriger und ob das wirklich nur an ihrem Freund läge oder ob sie bei seinen Vorstellungen nicht selbst mürrisch reagieren würde, fragte ich. Das sei großer Quatsch, meinte sie noch. Ihm fielen nur wieder Besuche von Sportveranstaltungen ein oder Alt-Männer-Musik. Sie dagegen würde gern mal ein Theaterstück, eine Oper oder ein Musical besuchen. Ich gab ihr recht, dass es bei so unterschiedlichen Interessen in der Tat kompliziert sei, etwas Verbindendes zu finden. Allerdings scheint ihre Beziehung überhaupt ein Trauerspiel zu sein. Für einen geliebten Menschen fände sich stets ein Geschenk, dass Freude macht. Sich nicht überraschen zu wollen, sei möglicherweise ein Indiz für mangelnde Gefühle füreinander. Ich solle gefälligst nicht so altklug daherreden. Von ihren Gefühlen hätte ich nun wirklich keine Ahnung. Sie wisse schließlich am besten, was für sie gut sei. Aha, bemerkte ich, deshalb wisse sie, dass keine Überraschung gut für sie sei, aber ob das auch auf ihren Freund zuträfe. Ich brauchte jedenfalls nichts von ihr erwarten, sagte sie und ging. Ich fragte mich, wann ich das von ihr erwartet hätte. Thomas Wischnewski

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