Meine Ex sagt …
… , dass ihr die Hitze unheimlich zu schaffen mache. Die hohen Temperaturen seien auf die Dauer nicht mehr auszuhalten. Sie jammerte und stöhnte vor sich hin und ich hatte natürlich jedes Verständnis dafür. Schließlich litt ich doch selbst unter den Bedingungen dieses Sommers. Ich wollte sie unter dem Motto, geteiltes Leid ist halbes Leid, trösten und räumte ein, dass doch alle unter derselben Last leiden würden und dass es mir ebenso erginge. Ein permanentes Wehklagen würde das eigene Gefühl des Leidens sicher noch verstärken und die Gesamtsicht über die Belastung verschlimmern. Vielleicht erzeuge sie sich dadurch eine Art emotionalen Schmelztiegel, in dem sich das letzte Körnchen Fröhlichkeit auflösen würde. Ich solle aus ihren paar Bemerkungen mal kein Drama machen, sagte meine Ex. Das war überhaupt nicht meine Absicht. Doch sei ihr Klagen bei mir so angekommen, als befände sie sich innerhalb eines beschleunigten inneren Klimawandels. Anstatt es dabei zu belassen, legte ich jedoch gleich nach und sagte, dass ich jetzt schon ihr Schimpfen über zu kalte Wintertage hören könnte. Das Wetter würde es ihr ebenso wenig recht machen wie Männer mit ihrem Verhalten stets daneben liegen würden. Jedenfalls sei kaum eine Gelegenheit bekannt, bei der sie sich nicht über ihre männlichen Begleiter, das Wetter und andere Misslichkeiten echauffieren könnte. Manchmal käme sie wie eine Dauer-Jaulerin daher … Plötzlich musste ich innehalten. Die Miene meiner Ex hatte sich während meiner Rede zusehends verfinstert. Und das zu erwartende verbale Ungewitter würde sicher ganz das Gegenteil von einer Abkühlung bescheren. Doch überraschender Weise bemerkte sie sehr kühl, dass mir die Hitze wohl ganz schön zugesetzt hätte. Mein derart erhitzer Vorwurfsschwall sei anders gar nicht erklärbar und würde sie daran erinnern, wie sie in solchen Situationen einige Male übergekocht sei. Dafür habe sie wirklich jedes Verständnis. Ich saß ziemlich baff erstaunt da und glaubte, meine Ex nicht mehr zu kennen. Sie reagierte doch sonst ganz im Sinne meiner Erwartungen. Meine Gewissheit, sie erkannt zu haben, löste sich augenblicklich in heiße Luft auf. Sie sagte noch, es wäre sicher besser, wenn ich jetzt eine kalte Dusche nehme. Dafür würde sie mich jetzt allein allein lassen. Ich stierte ihr beim Gehen noch fassungslos hinterher. Thomas Wischnewski