Meine Ex sagt …
… sie habe sich fürs neue Jahr eine Menge vorgenommen. Ich dachte sofort an purzelnde Pfunde, mehr Bewegung, weniger Stress, das Leben genießen und ähnlich typische Vorhaben, mit denen man auf die nächsten zwölf Monate blicken würde. Trotzdem fragte ich nach, welches denn ihre Absicht sei. Sie sagte, dass sie in Zukunft netter mit mir umgehen wolle. Mit einem solchen Satz hatte ich nicht gerechnet. Und weil ich nicht sofort darauf reagierte, schob sie die Erklärung nach, dass sie zu der Erkenntnis gekommen sei, oft zu schnell und ungerecht über meine Ansichten geurteilt zu haben. Ich musste zugeben, dass ich schier baff war. Oft habe sie sich zu schnell beleidigt gefühlt und kaum über meine Einwände nachgedacht. Dass sie dann häufig einfach abgehauen wäre, täte ihr wirklich leid. Unter ihrer Selbstreflexion konnte ich gar nicht anders, als ebenfalls meine manchmal einseitige Sicht über ihre Anliegen einzugestehen. Oder dass ich ihre Erlebnisse vielleicht nicht ernst genug genommen hätte und ihr oft mit Ironie begegnet sei. Es wäre in der Tat nötig, dass ich meine Art, die Dinge ins Lächerliche zu ziehen, kritisch betrachte würde. Und diesbezüglich solle ich mich wirklich schnell ändern. Ich müsse mich nicht wundern, wenn sie sich oft abgewendet hätte, weil ich ihr mit meiner besserwisserischen Art nicht den nötigen Respekt entgegengebracht hätte. Sie sehe da bei mir dringend Handlungsbedarf. Irgendwie hatte sie es wieder geschafft, alleinig mir den Schwarzen Peter zuzuschieben. Dabei hatte ich nur versucht, ihrem Ansinnen entgegenzukommen und einen beiderseitigen Anteil an Gesprächsverhakungen aufzuzeigen. Wenn ich mich also im Sinne ihrer Bemerkungen ändern würde, könne sie doch bleiben wie sie ist, sagte ich schließlich. Das sei wieder einmal typisch, ich drehte den Spieß einfach um, um mich aus der Affäre zu ziehen. Das ließe sie nicht mit sich machen, entweder legte ich meinen zynischen Oberlehrercharakter endlich ab oder ich brauchte überhaupt nicht mehr mit ihrer Anwesenheit rechnen. Echauffiert nahm sie ihre Jacke und verließ meine Wohnung. Ich dachte noch, was nun aus ihrem Vorhaben werden würde und sah, dass im neuen Jahr doch alles beim Alten bleiben würde. Thomas Wischnewski