Meine Ex sagt...

... sie würde künftig wieder öfter zu mir kommen. Ich war wohl einen Moment lang sprachlos. Der Satz startete einen Film in meinem Kopf, einen aus Erinnerungsfetzen über eine unwirkliche gemeinsame Zeit. Beim besten Willen konnte ich darin keinen rosa-roten Hoffnungsschimmer entdecken. Die Bilder schimmerten eher grau. Nicht, dass ich aus heutiger Sicht grundsätzlich etwas Negatives gegen sie vorzubringen hätte, doch die Formulierung „…künftig öfter …“ ließ sich einfach nicht in eine günstige Vorstellung denken. Bei anderen Gelegenheiten hatten wir immer viel geplaudert. Doch jetzt lag ein langes Schweigen zwischen uns. Schließlich fragte ich nach einigen stillen Minuten, was sie mit der Aussage meinte. Es würde mir sicher gut tun, wenn sie häufiger nach dem Rechten sehe und mir ein paar einsame Stunden vertriebe. Außerdem müsse ich aufpassen, in meinem Alter besteht das Risiko, dass man nach einiger Zeit des Alleinlebens schnell schrullig werden würde. Wer ihr das erzählt hätte oder ob es dafür einen konkreten Grund gäbe, wollte ich wissen. Das sei doch allgemein bekannt und meine Tendenz zur Besserwisserei und oberlehrerhaften Unterweisung könne schließlich ein handfestes Indiz für so eine Entwicklung sein. Ich glaube, ich musste ein wenig nach Luft schnappen. Auf jeden Fall war ich erstmal wieder sprachlos. Dann fragte ich sie, welches entwicklungspsychologische Moment ihrem gesteigerten Fürsorgeansinnen zugrunde liegen würde. Und ob es nicht sein könne, dass bei ihr ein Mangel an sozialer oder emotionaler Nähe zum männlichen Geschlecht dazu führte, in mir ein Ersatzobjekt für ihre weibliche Bemutterungsnatur sehen zu wollen. Nun schwieg sie, aber gleichsam rötete sich ihr Gesicht zu einer bedrohlichen Zornesfärbung. Sie hätte es ja nur gut gemeint … Ich sei halt ein egozentrischer Eisklotz, unsensibel, stinkstieflich … Sie wetterte noch eine Weile und ich ließ ihr den freien Lauf für den Aufregungsabbau. Als sie zum Ende ihrer Vorwurfstirade gekommen war, stand sie empört auf und sagte noch schnippig: Dann eben nicht. Schwupps, war sie aus meiner Wohnung verschwunden. Ich atmete erleichtert auf und hatte die Hoffnung, dass sich ihre Prophezeihung für ein Öfter-Erscheinen nicht erfüllen würde. Thomas Wischnewski

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