Matthias Kühne: Gefühlte Preise oder Fakten?
Mit der Auslegung von Statistiken muss man vorsichtig umgehen. Das ist gemeinhin bekannt. Wenn allerdings bereits die zugrundeliegenden Zahlen verquer sind, kann daraus nur Murks werden. Vor Kurzem veröffentlichte die hiesige Tageszeitung Angaben über durchschnittliche Preise für Einfamilienhäuser in Magdeburg. Demnach sollte so ein Häuschen im Schnitt „günstige“ 280.000 Euro kosten. In Halle an der Saale würde der statistische Wert dagegen 320.000 Euro betragen. Aus welcher Glaskugel solche Angaben herausgelesen wurden, bleibt mir schleierhaft. Ich orakele mal, dass dies wahrscheinlich gefühlte Preise sind. Fakten zu fühlen, ist eine moderne Form der Selbsttäuschung. Doch sie liegt im Trend. Das ist ähnlich wie bei der Kriminalstatistik, bei der erfasste Fälle und Sicherheitsgefühl weit auseinanderdriften können. Oder wie beim Wetter. Da wissen Meteorologen auch, wie ich die tatsächlichen Temperaturen zu fühlen hätte.
Spaß beiseite. Wie sind denn nun die Fakten? Das Portal „immowelt.de“ ermittelte aus den angebotenen und nachgefragten Häuser einen Durchschnittswert für die Landeshauptstadt von 334.588,17 Euro (Stand März 2019). Dieser Wert kommt den tatsächlichen Marktbedingungen meines Erachtens ziemlich nah. Natürlich kann man nun noch Wohnflächenklassen und Grundstücksgrößen unterscheiden. So ist es sicher möglich, ein bewohnbares Eigenheim mit 100 Quadratmetern Wohnfläche für etwa 230.000 Euro zu erwerben. Die Lage des Hauses spielt bekanntlich noch eine besondere Rolle bei der Preisfindung. Schauen wir uns jedoch Angaben zu heutigen Eigenheimneubauten an, ergibt sich eine völlig andere Datenlage. Freie Baugrundstücke gibt es nicht wie Sand am Meer. Dementsprechend haben sich die Preise für Grund und Boden nach oben entwickelt. Unter 100 Euro pro Quadratmeter ist da nichts mehr zu machen. Selbst wer ein scheinbar günstiges Grundstück angeboten bekommt, weil darauf ein Abrisshaus steht, muss sich gut durchrechnen, ob die Kosten für Abriss und Entsorgung den Gesamtpreis gegenüber einem reinen Neubauvorhaben am Ende nicht weit übersteigen. Wer heute neu baut, liegt mit seinem Vorhaben – bei entsprechender Qualität und angemessenem Standard – eher zwischen 400.000 und 500.000 Euro Kosten. Selbst bei ganz normalen Doppelhaushälften oder für ein Reihenhaus werden keine Sparpreise aufgerufen.
Magdeburg ist eine prosperierende Stadt. Wir liegen hierzulande natürlich noch zwischen 200 bis 300 Euro pro Quadratmeter unter dem Bundesdurchschnitt, dafür jedoch rund 600 Euro über dem Schnitt für das Land Sachsen-Anhalt. Bauflächenverknappung und Bevölkerungszuwachs bestimmen in Magdeburg die Preisentwicklung. Obwohl in der Innenstand derzeit und in den kommenden viele neue Wohnungen entstehen, wird dies zu keinem Preisverfall bei Eigenheimen führen. Für Neubauvorhaben in diesem Bereich zeigt der Preistrend eindeutig weiter nach oben. Daran ändern leider auch keine gefühlten Fakten etwas.