Mädchen für alles: Balkon-Rösterei
In den vergangenen Tagen ist man ganz schön ins Schwitzen gekommen. Plötzlich war der Sommer da. Ohne Vorwarnung. Wer der Hitze nicht gewachsen ist, verkriecht sich drinnen und verhindert mit Gardinen, Rollos, Jalousien und dergleichen den Einfall der heimtückischen Sonnenstrahlen. Andere garen lieber auf ihrem Balkon, um Farbe anzunehmen und sich den Gang ins Solarium zu sparen. Und manche suchen einen Zwischenweg, weil sie gern Zeit auf dem Balkon verbringen, aber nicht in der Sonne rösten wollen. Als ich neulich im Innenhof am Werk war und die Hecke zurechtgestutzt habe – zum Glück im Schatten eines Baumes –, rief Herr Schneider vom Balkon herunter, ob ich nicht mal Zeit hätte, bei ihm vorbeizuschauen. Also begab ich mich nach getaner Arbeit ins dritte Obergeschoss, wo mich Herr Schneider mit sorgenvoller Miene empfing. Er zog mich hinaus auf den Balkon, gestikulierte und brummelte dabei immer wieder: „Nüscht jeht, jar nüscht!“ Zwischendurch deutete er auf die Balkone reihum und schließlich erkannte ich, wo sein Problem lag. Alle Nachbarn hatten sich von der Außenwelt abgeschirmt (hoffentlich nur der Sonne wegen). Die einen mit bunt gestreiften Markisen, die anderen mit überdimensionalen Sonnensegeln, die so aussahen, als könnten sie bei der passenden Windstärke den Balkon aus der Verankerung reißen. Manche setzen auf natürliche Materialien und haben ihren Balkon mit Bambus umzingelt. Einige haben eine grüne Mauer erschaffen, deren Grundlage ein Zaun aus Rankgittern ist. Und Herr Schneider hat sich nach eigener Auskunft von seinem Sohn eine Billig-Markise aufschwatzen lassen, die aber keinen Schatten spendet, weil sie klemmt. Ich fragte ihn, wie er sich vorher vor der Sonne geschützt habe. „Parabolantennen“, lautete seine knappe Auskunft. Gleich mehrere? „Eine reicht ja nich‘…“ Obwohl die Reparatur von Gegenständen in der Wohnung nicht zu meinen Aufgaben gehört, legte ich mich nach dieser Antwort ins Zeug, um die Markise zu reparieren, damit Herr Schneider nicht auf die Idee kommt, unerlaubterweise die Antennen wieder aus dem Keller zu holen … Bis später, Ihr Mädchen für alles