Hennekens Tiraden
„Saach ma, Lustmeier, deine Fußhupe, ne, das ist doch’n Russenhund. Stimmts, oder hab ich recht?“ Lustmeier sieht einer Fliege nach, die quer durch die Gaststube fliegt, mal bei Henneken auf dem Glas, fast in der Blume, landet, dann zu Krümmermann auf die Glatze fliegt, na, Halbglatze meinetwegen, und sich auf diese Weise einen Weg durch die nicht mehr vorhandenen Qualmwolken bahnt. Lustmeier sieht sie noch, wie sie in den Sechzigern, Siebzigern durch den Raum waberten wie von Aliens produzierte gasförmige Raumschiffe. Merkwürdigerweise sieht er sie nicht in blau, sondern schwarz-weiß. „Das kommt vom Fernseher, wenn die ‚die Stachelschweine’ übertrugen, dann waberten diese Wolken auch auf dem Bildschirm, natürlich in schwarz-weiß.“
Henneken hatte fast seine Bemerkung über den Russenhund vor dieser phänomenalen Aussicht extraterristrischer Raumschiffe vergessen, die in ihrer Konsistenz an Gaswolken erinnerten. „Lustmeier“, sagte er, „stell dir vor: Du flüsterst das Trump ins Ohr. Er soll für seine Weltraumarmee gasförmige Raumschiffe produzieren. Die sind ja auch irgendwie unkaputtbar. Du bist der gemachte Mann, Junge.“ Was issn mit Rinaldo?“, fragt Lustmeier. „Jetzt tagten doch die Visegrad-Staaten.“ „Die wer?“ Lustmeier hatte mal wieder nichts klappern gehört. „Mensch, die vier ausländerfeindlichsten Staaten der EU.“ „Wer ist das?“ Henneken verdreht die Augen zur Decke. „Lustmeier, das sind Polen, Tschechien, Ungarn, die Slowakei und Österreich.“ „Das sind aber fünf.“ „Zählen kannst du noch, Lustmeier, das muss man dir lassen. Aber sonst muss man dir jeden Scheiß erklären. Der Herr Kurz, der österreichische Bundeskanzler, also der rechte Jungheini, betrachtet sich als der Moderator der Gruppe.“ „Nich wahr“, meint Lustmeier, „der hat noch nicht begriffen, dass Ungarn, die Slowakei, Böhmen und Tschechien nicht mehr zu den Habsburgern gehören, ne?“ Lustmeier grinst Henneken an. Der staunt. Na gut, jeder hat mal einen Treffer, denkt er, sagt es aber nicht.
„Iss ja egal“, meint Henneken, „aber weiß du, die betrachten die Aktivitäten der Kanzlerin gerade mit Misstrauen. Kann ja sein, dass die immer mehr Ausländer über die EU nach Deutschland holen will, sozusagen hintenrum.“ „Die will die Demographie der Deutschen auf den Kopf stellen.“ Lustmeier schüttelt den Kopf. „Die kann sie höchstens auf die Füße stellen“, meint Lustmeier. „Wem Kinder so unheimlich sind, dass er keine mehr macht, dem kann man nur anderer Leute Kinder in die Wiege legen. Ist doch nachzuvollziehen.“
Henneken schweigt. Nein, er teilt nicht Lustmeiers Meinung. Aber entgegenzusetzen hat er auch gerade nichts. „Ich finde ja“, unterbricht er das Schweigen, „die sollen die Visegrad-Staaten aus der EU entlassen, von mir aus Österreich gleich mit.“ „Italien nicht zu vergesssen“, mahnt Lustmeier. „Ich meine, um die Oststaaten kann sich doch Putin kümmern. So verschieden sind die doch gar nicht.“ „Na, das sag man nicht“, sagt Lustmeier. „Denk an Polen oder die baltischen Staaten.“ „Von mir aus können die auch mit den Amerikanern kungeln. Aber in der EU brauche ich die nicht.“
„Da wird sie aber klein.“ „Ja“, meint Henneke, „aber fein. Die Franzosen, die Deutschen, die Spanier, die Portugiesen, die Holländer, Belgier, Luxemburger – die unter einem Hut ist doch schon mal okay. Und dann kann man immer noch sehen, wer mit andockt.“ „Wär ich dafür“, sagt Lustmeier, „unter einer Bedingung.“ „Und die wäre?“ Henneken wird neugierig. „Vorher verkaufen wir der Schweiz Bayern. Sollen die doch sehen, was sie mit Söder, Dobrindt und Seehofer anfangen können.“ „Die? Das ist einfach. Die verkaufen die mit Papieren nach Panama.“ „Darauf lass uns einen trinken.“