Diskriminierende Diskriminierung

Diskriminierung ist etwas Schreckliches. Man muss Intoleranz und Herabwürdigung entschieden entgegentreten. Aber leicht ist das nicht. „Engstirnigkeit und Intoleranz sind wie Parasiten. Sie wechseln immer wieder ihren Wirt und ändern ihre Form. Es gibt keine Rettung vor ihnen“, schreibt der japanische Autor Haruki Murakami. Damit gibt uns der Schriftsteller einen Hinweis darüber, wie kompliziert es sein kann, den Ursprung diskriminierender Sprache auszumachen.

Die Bundesfamilienministerin Franziska Giffey empfahl kürzlich auf der Internetseite www.regenbogenportal.de, wie man in Kitas und Schulen eine diskriminierungsfreie Atmosphäre schaffen kann. So wurde Lehrerinnen und Lehrern empfohlen, in Formularen nicht die Bezeichnungen „Mutter“ und „Vater“ zu verwenden, sondern stattdessen besser „Elternteil 1“ und „Elternteil 2“ zu schreiben. Dadurch könne es vermieden werden, dass sich gleichgeschlechtliche Paare diskriminiert fühlten. Ich weiß nicht, wer die Diskriminierungsgefahr untersucht und aufgedeckt hat. Aber wenn die Ministerin darauf hinweist, muss ja etwas dran sein. Fraglich ist nur, wie Pädagogen nun mit facettenreichen Patchworkfamilien umgehen, wenn Partner erneut heiraten oder sich die Erziehungsberechtigung anderweitig ändert. Sollten dann Elternteil 1a oder 2.1 aufgeführt werden? Das sind alles sehr spannende Fragen. Sicher werden uns die entsprechenden Antidiskriminierungsbeauftragten bald weitere detaillierte Auskünfte dazu geben können.

Unter dem Anspruch diskriminierungsfreier Sphären wird mir nicht richtig klar, wie sich beispielsweise Mütter oder Väter, die mit einer Ziffer bezeichnet würden, unter der willkürlichen Vergabe eines Zahlenwertes nicht diskriminiert fühlen sollen. Mit welchem Recht wird einem Elternteil eine 1 und dem anderen eine 2 zugeordnet. Und wollte man festlegen, dass Frauen grundsätzlich eine 1 bekämen, wie wäre das dann wiederum bei gleichgeschlechtlichen Paaren? Denkt eigentlich jemand daran, wie diskriminierend sich Mütter oder Väter fühlen könnten, wenn sie von anderen nicht mehr als solche gekennzeichnet würden. Was den einen helfen kann, schadet den anderen. Mir erscheinen solche Ansinnen wie eine Diskriminierungsumkehr. Den gestelzten Versuch, hier einen Ausgleich hineinzudefinieren, würde eine einfache Regelung unterlaufen: In das mit dem Wort „Erziehungsberechtigte“ gekennzeichnete Feld würden die entsprechenden Namen eingesetzt, egal ob das ein männlicher und ein weiblicher oder zwei gleichgeschlechtliche wären, jedem wäre mit dem eigenen Namen Gerechtigkeit widerfahren. Bundesministerien haben mit Sicherheit wichtigere Aufgaben, als so eine Begriffsverwirrung aufzustellen. Axel Römer

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