Die Weichen für die Zukunft stellen

Nachhaltigkeit und Umweltschutz gelten als die wichtigsten Herausforderungen für die Zukunft der Mobilität – ebenso die Wettbewerbsfähigkeit der Verkehrsmittel. Dabei spielen im öffentlichen Personennahverkehr neben Aspekten wie beispielsweise Barrierefreiheit und genug Raum für Kinderwägen oder Fahrräder auch attraktive Fahrzeiten eine Rolle. Hinzu kommt, dass sich eine wachsende Stadt wie Magdeburg nicht auf dem Ist-Zustand ausruhen kann. „Bereits Ende der 1990er Jahre wurde mit Blick auf die städtische Entwicklung die Idee einer zweiten Nord-Süd-Verbindung für die Straßenbahn festgeschrieben“, erklärt Uwe Schulz, Abteilungsleiter Verkehrsplanung bei den Magdeburger Verkehrsbetrieben.

Das neu entwickelte Straßenbahnnetz 2020+ soll mit dem Abschluss der Bauarbeiten für die zweite Nord-Süd-Verbindung eingeführt werden. Acht Bauabschnitte werden dann fertiggestellt sein. Der erste war der Europaring, der bereits 2004 eröffnet wurde. Ebenfalls abgeschlossen und seit 2012 in Nutzung sind die Bereiche Leipziger Straße und Reform. Die Bauarbeiten in der Wiener Straße sind inzwischen ebenfalls beendet – im Frühjahr und Sommer dieses Jahres soll das neue Gleisviereck an der Kreuzung Leipziger Straße / Wiener Straße / Raiffeisenstraße gebaut werden. Dieses schließt dann die Neubaustrecke in der Wiener Straße an das bestehende Netz an. Erstmals sollen im Spätsommer 2018 Straßenbahnen durch die Wiener Straße fahren. Dann werden auch die Bauarbeiten im Abschnitt Raiffeisenstraße in vollem Gange sein.

„Die Kreuzung Wiener und Leipziger Straße wird ab 12. März nicht mehr befahrbar sein“, sagt Uwe Schulz, der bereits seit 1981 bei den MVB tätig ist. „Für Kraftfahrzeuge werden Umleitungen – u.a. über die Dodendorfer Straße und den Bierer Weg – eingerichtet. Auch unsere Buslinien 52 und 54 werden davon betroffen sein. Bis Mitte September ist der Knoten Leipziger Straße / Wiener Straße / Raiffeisenstraße für den Kfz-Verkehr voll gesperrt, ab Mitte September kann die Raiffeisenstraße je nach Bauphase wechselseitig als Einbahnstraße genutzt werden.“ Der daran anschließende Bauabschnitt Warschauer Straße soll dann ab Herbst 2018 in Angriff genommen werden. „Während es in der Wiener Straße ausreichend Platz gibt, um in der Mitte eine begrünte Straßenbahntrasse sowie links und rechts davon jeweils Fahrbahn, Rad- und Gehwege anzulegen, braucht es in der Warschauer Straße eine andere Lösung“, so der Abteilungsleiter Verkehrsplanung. „In den Kreuzungsbereichen werden sich Autos und Straßenbahnen die Fahrbahn teilen müssen.“ Zudem sei es notwendig, unter der Brücke am Buckauer Bahnhof die Straße tiefer zu legen, damit dort in Zukunft Straßenbahnen problemlos passieren können.

 

Auch der Baubeginn des Abschnitts Neustädter Feld steht für dieses Jahr auf dem Plan. Später folgen schließlich die Bereiche Birkenweiler und Kannenstieg. Im Zuge des Ausbaus der zweiten Nord-Süd-Verbindung wird das Straßenbahnnetz um etwa 25 Prozent wachsen. Täglich sollen dann dank des verbesserten Angebots mehr als 171.000 Fahrgäste mit der Straßenbahn unterwegs sein, wie die VerkehrsConsult Dresden-Berlin GmbH ermittelt hat. 44.000 Bewohner der Stadt werden nach Angaben der Magdeburger Verkehrsbetriebe erstmals einen direkten Anschluss an die Straßenbahn haben. „Damit erhalten sie eine bessere Verbindung von ihrem Wohngebiet in die angrenzenden Stadtteile, in die Innenstadt und zum Hauptbahnhof. Die Reisezeiten werden kürzer sein und insgesamt wird der öffentliche Personennahverkehr effizienter“, zählt Uwe Schulz die Vorteile des Straßenbahnnetzes 2020+ auf. „Das neue Liniennetz soll auch ein Impulsgeber für die Stadtentwicklung sein – man kann nicht erst abwarten und solche Entwicklungen verpassen, sondern muss vorausschauend planen.“

Als Beispiel für eine bereits gelungene Umsetzung nennt der erfahrene MVB-Mitarbeiter den Neubau der Strecke nach Reform. Vor etwas mehr als fünf Jahren wurde die 3,5 Kilometer lange Trasse eröffnet. „Natürlich behindern solche Bauarbeiten – die Bewohner müssen einiges in Kauf nehmen. Aber wenn die Strecke erstmal fertiggestellt ist, wird sie sehr gut angenommen. So war es auch mit der Erweiterung der Straßenbahnstrecke im Süden Magdeburgs“, sagt Uwe Schulz. „Man sollte nicht zu kurzfristig denken, sondern – wie bereits erwähnt – vorausschauend planen. Wie das funktioniert, sieht man heute in Reform, denn dort sind entlang der neuen Verbindung neue Wohngebiete entstanden.“ Auch die Fahrgastzahlen haben sich nach Angaben der MVB verdoppelt. Heute nutzen mehr als 6.200 Fahrgäste täglich die Strecke, die den Stadtteil Reform, das Einkaufszentrum Börde-Park, den Flugplatz sowie die Wohngebiete Hopfengarten und die Planetensiedlung anbindet. „Einen ähnlichen Erfolg erwarten wir auch bei den anderen Neubaustrecken, sobald die zweite Nord-Süd-Verbindung fertig ist“, zeigt sich Uwe Schulz optimistisch. Tina Heinz

Zurück