Die Problemschleife

Vier Anwärter der Fachhochschule der Polizei Sachsen-Anhalt in Aschersleben werden ihre Ausbildung nicht zu Ende bringen können. Sie wurden mit Drogen erwischt. Spitzfindig könnte man unterstellen, diese Studenten wollten schon einmal ein Praktikum im verdeckten Ermitteln absolvieren oder kriminelle Milieus nicht nur von der Theorie her kennenlernen. Aber ernsthaft: Natürlich darf man bei künftigen Gesetzeshütern keine Gesetzüberschreitungen zulassen. Das hieße, einen Bock zum Gärtner zu machen. Bei der Pressekonferenz mit dem Rektor der Schule hörte man von weiteren Grenzverletzungen. Delikte wie Alkohol am Steuer oder andere Vergehen würde es in drei weiteren bekannten Fällen geben. Unter 700 Anwärtern, die ihre polizeiliche Ausbildung in Aschersleben erhalten, gibt es – welche Überraschung – ein paar schwarze Schafe. Wer frei von Sünde ist, werfe den ersten Stein. Ob die Eignungskriterien bei der Einstellung herabgesetzt wurden, wollte der Redakteur des MDR-Berichts wissen? Rektor Frank Knöppler bestritt das. Aber ein Dilemma gibt es trotzdem. Die Polizei wird personell aufgerüstet. Es müssen mehr Bewerber bei gleichzeitig schwindender Schulabsolventenzahl rekrutiert werden. Da muss man die Einstellungskriterien gar nicht herunterschrauben, sondern nur öfter ein Auge zudrücken. Die Polizei ist mit dem Nachwuchsproblem nicht allein. Wie schön waren doch die Zeiten, als man sich die Rosinen aus dem Kuchen picken konnte. Jetzt tendiert das Land – abgesehen von dem gewalten Harz-IV-Bereich – zur „Vollbeschäftigung“ und irgendwie ist das genauso ein Problem wie zu Zeiten, als die hohe Arbeitslosigkeit das größte Deutschland-Problem war. Aber das sollte an dieser Stelle gar nicht als Problem aufgebauscht werden. Mehr Polizei ist gleich mehr Sicherheit – so lautet ein häufig dahergebeteter Spruch. Mehr bedeutet leider nicht automatisch besser. Einstellungstests offenbaren meistens nichts über die tiefen, dunklen Geheimnisse einer Persönlichkeit, insbesondere, wenn es sich um eine intelligente handelt. Das Problem ist das Problem ist das Problem. Wovor wir tatsächlich gar keine Angst haben müssen, ist, dass uns die Probleme ausgingen. Die erfinden sich auf wundersame Weise permanent neu. Wer das Problem benennt, bringt es auf die Welt, so könnte die Geburtsformel lauten. Gut, die zugedröhnten Noch-nicht-Polizisten sind raus aus dem staatlichen Sicherheitskarussell. Die Problemschleife läuft weiter, bis einer ein neues Problem entdeckt hat. Thomas Wischnewski

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