„Schön realistisch auf dem Boden bleiben“

Im Interview mit Magdeburg Kompakt spricht Mario Kallnik, Geschäftsführer der Stadion- und Marketinggesellschaft des FCM , über die am Wochenende beginnende Drittliga-Rückrunde, den von den Fans erhofften Aufstieg in die zweite Liga, Trainer Jens Härtel, die Zukunft der MDCC-Arena sowie über die bevorstehenden einschneidenden Strukturveränderungen bei den Blau-Weißen.

Die Fans in Magdeburg atmen auf, am Wochenende gibt es endlich wieder Drittliga-Fußball. Kribbelt es vor Beginn der Rückrunde auch bei Ihnen schon?

Mario Kallnik: Natürlich steigt die Anspannung. Spätestens nach der ersten Partie in Köln werden wir wissen, wo unsere Mannschaft steht und wie wir die Winterpause genutzt haben. Das einwöchige Trainingslager in Spanien bot uns jedenfalls gute Bedingungen, selbst wenn eine Reihe von Erkrankungen und Verletzungen vielleicht nicht alle Pläne aufgehen ließen.

Bei drei Testspielen gab es in Spanien für Ihr zuletzt in der Liga sieggewohntes Team zwei Niederlagen und ein Unentschieden. Beunruhigt Sie das?

Nein, keineswegs. Wie der Name schon sagt, es waren Testspiele. Nicht mehr und nicht weniger. Das Trainerteam hat viel probiert und unsere Spieler haben intensiv trainiert.

Und gehen nun als Tabellenzweiter in die Rückrunde. Können Sie die Fragen aus dem vielzitierten Umfeld, ob es denn im Sommer mit dem Aufstieg in Liga zwei klappt, überhaupt noch hören?

Ich kann das teils verstehen, aber ich wiederhole: Wir haben einen klaren Kurs, wir müssen uns nur auf uns selbst besinnen. Zunächst müssen die für den Klassenerhalt schon oft erwähnten 45 Punkte her. Das ist das Minimalziel. Das wollen wir so möglichst schnell erreichen. Wenn dies geschafft ist, können wir uns gern über neue Dinge unterhalten.

Also über den Aufstieg?

Nein, wir werden definitiv nicht diejenigen sein, die damit lauthals über den Marktplatz rennen. Zumal es einige Gründe gibt, schön realistisch auf dem Boden zu bleiben. Wir werden nicht als Motivator für unsere Kontrahenten auftreten, indem wir uns als Aufstiegsaspiranten betiteln.

Sie haben von mehreren Gründen gesprochen.

Richtig. Wir müssen realistisch sein. Unsere Mannschaft besitzt sicherlich viel Potential, aber wie sie dieses in den kommenden Monaten als Mannschaft auch zeigen wird, bleibt abzuwarten. Für uns gilt es, sich von Spiel zu Spiel neu zu fokussieren und keinerlei Nachlässigkeiten zu zulassen. Diese 3. Liga war noch nie so ausgeglichen wie in dieser Saison.

Aber liegt darin nicht gerade die Chance für den FCM? Zumal klare Aufstiegsanwärter wie im vergangenen Jahr mit Dresden und Aue fehlen.

Die hohe Ausgeglichenheit ist sicher eine Chance, aber sie stellt zugleich ein hohes Risiko dar. Man kann auch sehr schnell abrutschen. Ich erinnere nur an unseren Saisonstart. Wir sind sehr schwer reingekommen ins Spieljahr. Das hielt bis Ende September an, da fehlte noch die sportliche Integration der sieben Zugänge. Hätten wir das Auswärtsspiel in Münster verloren, hätten wir mit großer Wahrscheinlichkeit die gesamte restliche Saison um den Klassenerhalt gekämpft. Dass wir die anschließenden Begegnungen alle gewonnen haben, war teilweise auch vom Glück begünstigt. Davor darf man die Augen nicht verschließen.

Dennoch ist das Team bis auf Rang zwei geklettert …

… weil wir insbesondere in den letzten fünf Spielen eben nicht mehr glücklich, sondern mit mehr Qualität gewonnen haben. Neben den konditionellen Vorteilen gab es in den letzten fünf Partien eine sichtbare spielerische Entwicklung. Es war sehr wichtig für unsere Mannschaft zu erleben, welch Potential in ihr steckt. Das lässt sich auch an Entwicklungen von Spielern wie unter anderem Florian Kath, Sebastian Ernst und Julius Düker festmachen, wobei unsere Führungsspieler stets die Säulen bildeten.

Also darf doch vom Aufstieg geträumt werden?

Wir können die Träume bei vielen Fans am Ende nicht verhindern. Wichtig ist, dass Spieler, Trainer, Mitarbeiter und Verantwortliche keine Träumer sind bzw. werden. Es gilt, bis zum letzten Spieltag der Saison hochkonzentriert in allen Ebenen des Vereins zu arbeiten und um jeden Prozentpunkt für den Erfolg zu kämpfen bzw. zu arbeiten.

Kleiner Einwand: Die Würzburger Kickers, wahrlich keine Übermannschaft, spielten wie der FCM im vergangenen Jahr als Neuling in der dritten Liga und schafften auf Anhieb den Durchmarsch in die zweithöchste Spielklasse, wo sie derzeit ganz ordentlich mithalten. Waren sie so viel besser als die Blau-Weißen?

Jein, am Ende waren sie selbstverständlich besser, wenn auch der Abstand nicht groß war. Wir verfügen gemessen mit der 3. Liga mittlerweile über sehr gute Bedingungen, vielleicht sogar über bessere als die Kickers. Dass sie am Ende vor uns standen, lag mit Sicherheit nicht an fehlenden Bedingungen, sondern an ein wenig mehr Entschlossenheit und Glaube, es tatsächlich schaffen zu können.

Nun hörte man öfters das Gerücht, einige FCM-Akteure wollten gar nicht aufsteigen, weil sie befürchteten, in der zweiten Liga aussortiert zu werden. Ist da was dran?

Absolut nichts. Im Gegenteil, ich weiß von den meisten unserer Spieler, dass sie unbedingt den nächsten Schritt in ihrer Entwicklung machen möchten, also nach oben wollen.

Der Höhenflug des FCM ist eng mit dem Namen von Trainer Jens Härtel verbunden. Sein Vertrag läuft im Sommer aus.

Wir wissen natürlich, was wir an Jens haben, schätzen ihn sehr. Er ist ein sehr akribischer Arbeiter, passt gut zu Magdeburg. Wir möchten gern mit ihm verlängern und haben Ihm ein verbindliches Vertragsangebot vorgelegt. Gespräche über eine Verlängerung seines Kontrakts laufen seit einiger Zeit, zuletzt im Trainingslager in Spanien. Wir haben uns jetzt ein klares Zeitziel gesetzt, weil wir als Verein auch Planungssicherheit benötigen.

Hatten und haben Sie keine Befürchtungen, dass die gute Arbeit des Trainers auch anderswo Begehrlichkeiten weckt?

Wir sind ein Drittligist, das sollte man zunächst bei den Dingen stets im Hinterkopf haben. Ich verspüre keinerlei Angst davor, dass uns jemand zu einem bestimmten Zeitpunkt verlässt. Das gilt für den Trainer ebenso wie für Spieler. Selbstverständlich geben wir alles, um gute Mitarbeiter, Trainer und auch Spieler weiterhin an den Verein zu binden. Sollte es am Ende aus den unterschiedlichsten Gründen nicht zur weiteren Zusammenarbeit kommen, werden wir, wie auch in der Vergangenheit geschehen, neue und gute Lösungen für den 1. FC Magdeburg aufarbeiten.

Womit wir indirekt unweigerlich beim Geld wären. Der FCM hat da in jüngster Zeit für Gesprächsstoff gesorgt, weil er im Gegensatz zu einigen Ostkonkurrenten wie etwa Chemnitz und Erfurt wirtschaftlich sehr gesund dasteht.

Das ist zweifellos richtig. Wir haben insbesondere in der vergangenen Saison Gewinne erwirtschaftet, welche wir auch unbedingt benötigten, um im Profifußball nicht von der Hand in den Mund zu leben. Wir konnten somit den Verein etwas stärken. Dennoch sage ich, wir sind jetzt da angekommen, wo die 3. Liga auch für uns einen Deckel hat. Das merken wir ganz deutlich bei den Planungen für die Spielzeit 17/18, mit denen wir uns gegenwärtig beschäftigen.

Worauf sind die sich abzeichnenden wirtschaftlichen Grenzen vor allem zurückzuführen?

Zum einen ist der Drittliga-Etat ein völlig anderer als noch in der Regionalliga. Außerdem haben wir insbesondere in unsere 1. Mannschaft und in unser Nachwuchsleistungszentrum investiert. Verglichen mit anderen Drittligisten stehen wir, was die Bedingungen im NLZ-Bereich anbelangt, inzwischen ganz vorn. Wir haben fünf neue hauptamtliche Trainerstellen im Nachwuchsbereich geschaffen, die Anzahl der Nachwuchsspieler, mit denen wir Verträge abgeschlossen haben, hat sich von 10 auf 25 erhöht. Ein erklärtes Ziel des Vereins ist es, jedes Jahr mindestens einen A-Jugendspieler in den Kader unserer 1. Mannschaft zu überführen. Allerdings nicht der Quote wegen, sondern weil die Qualität der Ausbildung entsprechend ausreichend war.

Sie haben jüngst allerdings auch von der Melkkuh FCM gesprochen. Wie war das gemeint?

Ich habe davor gewarnt und bleibe dabei, dass unsere augenblickliche gute wirtschaftliche Situation bei einigen unserer Partner oder gar bei Spielern und Trainern ungerechtfertigte und illusorische Begehrlichkeiten wecken könnte. Wir müssen auch in Zukunft wirtschaftlich solide arbeiten. Das erste Jahr in der 3. Liga war eine Ausnahmesituation, welche wir entsprechend genutzt haben, die aber so in dieser Liga nie wieder kehrt.

Den finanziellen Aufschwung des FCM einmal außen vor gelassen, heißt es ja landläufig, in der 3. Liga mache man auf lange Sicht nur Verluste. Manche sprechen sogar von einer Pleiteliga. Teilen Sie diese Auffassung?

Diese dritte Liga ist sicher eine schwierige Liga. Die Finanzierung des FCM setzt sich – in dieser Reihenfolge – aus Verkauf von Eintrittskarten, Sponsoren und TV-Geldern zusammen. Eine Klasse höher rücken die garantierten TV-Einnahmen mit großem Abstand ganz nach vorn. Damit hat ein Verein eine ganz andere finanzielle Planungsgrundlage und Sicherheit.

Könnte am Ende die heimische MDCC-Arena, die mit ihrem Hüpfverbot im Spätherbst deutschlandweit Schlagzeilen produzierte, alle sportlichen Pläne des FCM durchkreuzen, weil der Umbau, mit dem laut jüngsten Veröffentlichungen des Inhabers, der Stadt Magdeburg, kaum vor 2018 begonnen werden könnte, zu lange dauert?

Es ist wichtig, schnell eine qualitative Lösung für dieses Problem aufzuzeigen, verbunden mit einem klaren Zeitziel. Wenn es sich dabei um eine einvernehmliche Lösung zwischen Stadt, Fans und Verein handelt, wird das Verständnis unserer Fans, auf das rhythmische Hüpfen bis zur Umsetzung der Lösungsvariante zu verzichten, mit sehr großer Wahrscheinlichkeit eingehalten. So lange wir das Stadion mit der entsprechenden Kapazität nutzen können, erwarte ich keine nennenswerten wirtschaftlichen Einbußen.

Ungewissheit herrscht derzeit darüber, ob die Vereinsmitglieder im Februar den beabsichtigten Veränderungen in den Strukturen des FCM zustimmen. Diese sehen vor, dass sich der Klub den Gegebenheiten im Berufsfußball anpasst und die Profimannschaft in die Vermarktungsgesellschaft eingegliedert wird. Stimmen die Mitglieder auf Druck der Ultras, die eine zu große Kommerzialisierung befürchten, dagegen, geht dann bei den Blau-Weißen alles den Bach runter?

Es geht einfach darum, den Verein und die GmbH neu zu ordnen und sich zukunftsfähig für den Profifußball aufzustellen. Fakt ist, der Status quo ist in der jetzigen Struktur definitiv nicht mehr zukunftsfähig. Sollten unsere Mitglieder den von uns vorgeschlagenen Weg nicht mitgehen wollen – wovon ich jedoch nicht ausgehe, heißt das nicht, dass der Klub keine Zukunft im Profifußball hätte. Risiken gibt es bei allen strukturellen Modellen. Wir jedoch sind überzeugt davon, unseren Mitgliedern die für den Verein risikoärmste und zukunftsfähigste Lösung vorzuschlagen und werden unsere Mitglieder bitten, unserem Vorschlag zu folgen. Fragen: Rudi Bartlitz

Zurück