Eine Tour mit starken Gegnern

SCM-Neuzugang Albin Lagergren. Foto: dpa / Sportida

Handball-Bundesligist SC Magdeburg startet im Juli wieder zu seiner traditionellen Gastspielreise durch Sachsen-Anhalt. Zwei Hochkaräter zum Saisonstart am 23. August.

Während ganz Deutschland – und damit natürlich auch Magdeburg – derzeit im Bann der Fußball-Weltmeisterschaft steht, genießen die Handballer des SCM nach einer an Strapazen reichen Saison ihre Urlaubstage. Bis Chefcoach Bennet Wiegert am 12. Juli zum Trainingsauftakt ruft. Was danach folgt, hat es – wie bei den Grün-Roten gewohnt – in sich. Neben schlauchendem Grundlagentraining steht als Höhepunkt die inzwischen traditionelle Sachsen-Anhalt-Tour auf dem Programm.

28 Tage, neun Standorte – das sind diesmal die Parameter. Während in den zurückliegenden Jahren Begegnungen gegen zahlreiche unterklassige Vertretungen auf dem Plan standen – bei denen sich Wiegert aus Belastungsgründen sogar den Luxus leistete, phasenweise mit nur fünf Feldspielern zu agieren –, kann sich diesmal die Liste der Gegner durchaus sehen lassen. Neben den dänischen und schwedischen Erstligisten GOG Svendborg und HK Malmö zählen dazu die Bundesligis-ten Füchse Berlin und DHfK Leipzig sowie als besonderer Clou die japanische Nationalmannschaft mit ihrem Erfolgstrainer Dagur Sigurdsson. Es ist das Beste an Konkurrenz, was in der nunmehr achtjährigen Geschichte der Tour präsentiert wird. Das sieht auch Wiegert so: „Das ist schon eine andere Qualität als in den Vorjahren. Eine große sportliche Herausforderung.“

Auch Geschäftsführer Marc Schmedt freut sich: „Wir sind stolz, dass wir das von Sigurdsson betreute japanische Team am 1. August in Beetzendorf begrüßen können. Das wird sicher ein Höhepunkt für den Handball in der Altmark.“ Zustande gekommen ist die Partie auf Anfrage des Gastes aus Fernost, der im Sommer ein Trainingscamp in Deutschland aufschlägt. Ungeachtet der hochkarätigen internationalen Gäste verweist Schmedt darauf, dass der Verein auch wiederum in kleineren Orten wie Möser, Biederitz oder eben Beetzendorf seinen Visitenkarte abgibt: „Unsere Mannschaft hat immer Spaß in den Sporthallen Sachsen-Anhalts. Es ist uns außerordentlich wichtig, mit unseren Spielen nicht nur ein Dankeschön für die vergangene Saison zurückzugeben, sondern auch die Vereine in unserem Bundesland durch unsere Gastspiele zu unterstützen.“ Hinzu kommt, dass laut Schmedt Teile der Einnahmen in die Vereinskassen der Gastgeber fließen.

Eingebettet in die Tour, die vom Pflegedienstleister Humanas unterstützt wird, liegt ein fünftägiges Trainingslager in Halberstadt. Wiegert: „Warum in die Ferne schweifen? Im dortigen Freizeit- und Sportzentrum, wo wir uns schon die zurückliegenden Jahre vorbereiteten, haben wir alles, was wir benötigen.“  Am 19. Juli wird es im Friedensstadion wieder ein Kurzzeit-Schauspiel des SCM auf Kleinfeld gegen den heimischen Fußball-Regionalligisten VfB Germania geben. Vom Vorharz geht es dann zum traditionellen Auftritt unter freiem (Handball)Himmel in Aschersleben. Gegner dort ist Bundesligist DHfK Leipzig.

Nach dem ausgiebigen Vorbereitungsprogramm mit gut einem Dutzend Begegnungen wird es ab 23. August wieder richtig ernst für die Magdeburger. Dann beginnt laut provisorischem Spielplan nämlich die neue Saison. Sie hält für das Wiegert-Team gleich zwei Hochkaräter parat: Nach dem Auswärtsauftritt bei der wiederum hoch eingeschätzten MT Melsungen kommt es in der Woche darauf beim Heimauftakt (zwischen 30. August und 2. September) zum Ost-Derby mit dem SC DHfK Leipzig. Nach beiden Partien lassen sich möglicherweise bereits erste Schlüsse ziehen, wie die Mannschaft durch den Sommer gekommen ist.

Nach einem sehr guten vierten Rang in der vergangenen Spielzeit werden die Augen des Teams  – auch wenn natürlich noch kein exaktes Saisonziel für die Liga definiert ist – weiter nach oben gerichtet sein. Im Frühjahr besaß der SCM ja sogar noch bis kurz vor Ultimo die Möglichkeit, sich für einen der Champions-League-Plätze zu qualifizieren – bis dann ein Formtief nicht nur diese Ambitionen zerstörte, sondern die Grün-Roten auch bei den beiden Finalturnieren um den deutschen Pokal und den EHF-Cup jeweils im Halbfinale scheitern ließ. Es mag in diesem Zusammenhang kurios klingen, die Männer aus der Landeshauptstadt Sachsen-Anhalts waren in der zweiten Saisonhälfte der Liga dennoch wesentlich erfolgreicher als in der ersten. Den 22:12 Punkten der Hinrunde, die in der Tabelle nur Rang sieben bescherten, folgte im zweiten Teil eine Ausbeute von 28:6 Punkten – und damit sogar der zweite Platz in der Rückrundentabelle hinter Meister SG Flensburg-Handewitt, der nach dem 17. Spieltag lediglich noch fünf Punkte abgab.

In der neuen Spielzeit wird Wiegert bis auf Linkshänder Nemanja Zelenovic (wechselt zu Frisch Auf Göppingen) nahezu auf den identischen Kader der Vorsaison zugreifen können. Neu ist lediglich der schwedische Nationalspieler Albin Lagergren (siehe Extratext). Ob es gelingt, den wechselwilligen deutschen Nationalspieler Moritz Preuss (besitzt Vertrag in Magdeburg ab Juli 2019) vom VfL Gummersbach vorzeitig an die Elbe zu holen, war zu Wochenbeginn noch offen. Der Kreisläufer hat öffentlich erklärt, sein Verein habe ihm zugesagt, dass er beim Klassenerhalt der Oberbergischen zum SCM wechseln dürfe, dann jedoch sein Versprechen zurückgezogen. Für den langzeitverletzten Linksaußen Lukas Mertens (Kreuzband-Operation) wird Wiegert zufolge kein neuer Akteur verpflichtet: „Das lösen wir mit eigenen Mitteln. Dafür stehen die jungen Justus Kluge und Alexander Reimann bereit.“ Auf Jugend-Koordinator und Assis-tenztrainer Yves Grafenhorst, der beim EHF-Cup-Final-Four im Mai noch einmal eingesprungen war, will der Klub künftig nicht mehr zurückgreifen.

Zufrieden blickt Geschäftsführer Schmedt auf das Sponsorenaufkommen („Da sieht es zum jetzigen Zeitpunkt noch besser aus als zum gleichen Vorjahreszeitraum.“) und die Zuschauerbilanz zurück. 6.200 Besucher pilgerten pro Begegnung durch die Tore der Getec-Arena. „Das sind zwar im Schnitt knapp 100 weniger als in der Vorsaison, aber da war die Hallenkapazität noch mit 7.200 Plätzen ausgelegt.“ Inzwischen ist die Zahl der pro Spiel maximal verkauften Tickets durch den Veranstalter auf 6.800 reduziert worden. Den noch vor Saisonbeginn von einigen Beobachtern wegen des Einstiegs des Pay-TV-Senders Sky, und den damit verbundenen neuen Spieltagen und Anfangszeiten (Donnerstagabend und Sonntagmittag 12.30 Uhr) befürchteten Rückgang  der Besucherzahlen kann Schmedt nicht bestätigen: „Das ist immer auch eine Frage der jeweils in den Hallen gebotenen Qualität. Wir haben jedenfalls keine Veränderungen feststellen können.“

Veränderungen, und zwar positive, gab es binnen eines Jahres durch die Sky-Übertragungen. Schmedt dazu: „Die Zahl der Zuschauer hat sich von 50 Millionen auf 100 Millionen verdoppelt. Jetzt hat zudem jeder die Chance, alle Spiele seiner Mannschaft zu verfolgen.“ Künftig solle noch stringenter auf die Einhaltung der beiden Spieltage (Donnerstag, Sonntag) geachtet werden. Die Verbesserung der Qualität der Übertragungen bringe außerdem die Sportart Handball insgesamt weiter voran. Apropos Fernsehen: Für den SCM war es erneut eine überaus erfolgreiche Saison. Kein deutscher Klub war bei den Anhängern der schnellen Hallensportart so beliebt wie die Magdeburger. Mit über 70 Millionen erreichten Zuschauern standen die Magdeburger (Stichtag 30. April) weiterhin an der Spitze der TV-Zahlen in der Saison 2017/2018. Dahinter folgen mit einigem Abstand der SC DHfK Leipzig (63 Millionen), die Rhein-Neckar Löwen (57,9) und der THW Kiel (55,6). Einschließlich der Nachberichterstattung in den öffentlich-rechtlichen Anstalten flimmerten über 336 Stunden SCM-Handball über die Bildschirme.

Doch nicht nur national, auch international will sich der SCM ab Herbst wieder im TV präsentieren. Mit Liga-Rang vier erwarb er erneut einen Startplatz im EHF-Pokal. Weiter dafür qualifiziert sind Pokalverteidiger Füchse Berlin, der THW Kiel und die TSV Hannover-Burgdorf. Der SCM wird nach dem Nationen-Ranking wieder gesetzt sein und muss erst in der 3. Qualifikationsrunde Ende November 2018 eingreifen. Die Sieger sind dann für die EHF-Cup Gruppenphase ab Februar 2019 qualifiziert. „Es war zuletzt stets unser Ziel, international zu spielen“, so der Geschäftsführer. „Dieses Prädikat wollen wir auch künftig nach außen tragen.“Rudi Bartlitz


Kompakt

Zum achten Mal führt Handball-Bundesligist SC Magdeburg in diesem Sommer seine Sachsen-Anhalt-Tour durch. An neun Orten stellen sich die Grün-Roten dabei ihren Fans vor. Die Stationen der Tour im Einzelnen:
14. Juli: Traditioneller Auftakt mit einem Fußballspiel gegen Grün-Weiß Möser (Alte Herren)
20. Juli: Megawood Open Air in Ascherleben (Gegner: SC DHfK Leizig)
24. Juli: Gastspiel bei Eiche Biederitz
26. Juli: Gastspiel in Jessen: Gegner ist der dänische Erstligist GOG Svendborg
1. August: Gastspiel in Beetzendorf: Kontrahent ist die japanische Nationalmannschaft
2. August: Teilnahme am BWG-Cup-Turnier in Halle
8. August: Saisoneröffnung in Magdeburg gegen den schwedischen Erstligisten HK Malmö
10. bis 12. August: Teilnahme am Klaus-Miesner-Turnier in Ilsenburg
Noch ohne festen Termin: Gastspiel im Euroville Naumburg. Gegner sind die Füchse Berlin.

Der Neuzugang

Albin wer…? Das war die Reaktion vieler Magdeburger Handballfreunde, als der SCM die Verpflichtung des schwedischen Nationalspielers Albin Lagergren bereits im November 2017 bekanntgab. Inzwischen dürfte sich die Frage erübrigt haben. Der 25-jährige Linkshänder, der bei der EM 2018 verletzt ausgeschieden war (Gehirnerschütterung), hat im letzten Jahr eine rasante Entwicklung genommen und gilt mittlerweile als einer der Weltbesten im rechten Rückraum. Nicht umsonst wurde der Mann vom schwedischen Serienmeister IFK Kristianstad in der zurückliegenden Saison in die Allstar-Sieben der Champions League gewählt. Mehrere internationale Spitzenklubs haben ihre Fühler nach dem Schweden ausgestreckt, der 2013 mit seiner U-21-Nationalmannschaft Weltmeister wurde. Seit 2016 ist er Nationalspieler bei den Skandinaviern. „Ich habe mich für den SCM entschieden“, sagt Lagergren, „weil mir die attraktive Spielweise des SCM mit viel Tempo aus einer starken Abwehr heraus sehr liegt." Er unterschrieb bei den Magdeburgern einen Zwei-Jahres-Vertrag bis Sommer 2020.

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