„Fast wie eine große Familie“

Mit Blick auf das Genossenschaftsfest am 25. Juni 2017 hat Magdeburg Kompakt bislang sieben Wohnungsgenossenschaften der Landeshauptstadt vorgestellt. Die insgesamt acht Unternehmen verfügen über fast 50 Prozent aller Magdeburger Wohnungen. Die jüngste und kleinste der Genossenschaften, die Wohnungsgenossenschaft Magdeburg 1995 eG, hat jedoch einen anderen Weg hinter sich als die bereits dargestellten Unternehmen.
„Eine Besonderheit liegt in der Entstehungsgeschichte begründet“, sagt Frank Saft, Vorstand der WGM 1995. „Die Genossenschaft ist eine der wenigen Neugründungen nach der Wende in Sachsen-Anhalt.“ Grundlegend für diese Entwicklung war das Altschulden-Hilfe-Gesetz. Dieses verpflichtete die Wohnungsbaugesellschaft, die den Wohnungsbestand der Kommunalen Wohnungsverwaltung Magdeburg aus DDR-Zeiten übernommen hatte, 15 Prozent des Bestandes zu privatisieren. „Käufer sollten in erster Linie die Bewohner sein. Und so entstand die Idee, eine Genossenschaft zu gründen“, erklärt Frank Saft. „Dank einer Mieterinitiative konnten innerhalb relativ kurzer Zeit mehr als 500 ehemalige Mieter von den Vorteilen einer Genossenschaft überzeugt und als Mitglied gewonnen werden.“ Der Gründungsversammlung am 25. April 1995 stand nun nichts mehr im Wege.
Der Kaufvertrag über 1159 Wohnungen – zum Großteil Altbauten aus den 1930er Jahren sowie Plattenbauten aus den frühen 1980er Jahren, angesiedelt in Stadtfeld und in Birkenweiler – wurde schließlich im Dezember desselben Jahres unterschrieben und ein Sanierungsprogramm wurde beschlossen. „Die Wohnverhältnisse mussten dringend verbessert werden. In etlichen Gebäuden, die wir übernommen hatten, wucherte der Efeu bis unters Dach, zudem befanden sich in zahlreichen Häusern noch alte Öfen. Es war viel Arbeit nötig, um ein zeitgemäßes Wohnen zu ermöglichen“, schildert der Vorstand. 23 Prozent der Wohnungen waren in der Gründungsphase unbewohnt. Nach zwei Sanierungswellen konnte der Leerstand sukzessive auf etwa 10 Prozent reduziert werden.

„Wir, als WGM 1995, blickten zum zehnjährigen Bestehen ganz optimistisch in die Zukunft, hatten ein enges wirtschaftliches Konzept geschmiedet, das diszipliniert eingehalten wurde, und ergriffen diverse Maßnahmen, um neue Mitglieder zu gewinnen“, sagt Frank Saft. „Was wir zu diesem Zeitpunkt nicht wussten, war, dass noch größere Herausforderungen auf uns warteten. Denn die finanzierende Bank hatte die Kredite ohne unser Wissen an ausländische Interessenten verkauft, die die Genossenschaft gewinnbringend verwerten wollten.“ Monatelange Verhandlungen begannen, bis es dem Aufsichtsrat und dem Vorstand der WGM 1995 gelang, den Verkauf abzuwenden. „Gestärkt hat uns in diesem zähen Ringen die außerordentliche Mitgliederversammlung im Dezember 2006, bei der ein Verkauf durch den Großteil unserer Mitglieder abgelehnt wurde.“ Auch die wirtschaftliche Situation konnte in dieser Zeit verbessert werden, sodass Kreditverhandlungen mit einer neuen Bank erfolgreich abgeschlossen werden konnten. „Dies brachte uns die nötige Sicherheit und garantierte die zukünftige Entwicklung des Bestandes.“
Die WGM 1995 verfügt inzwischen über 1.118 Wohnungen, mehr als 100 Stellplätze und Garagen, 40 Mietergärten und hat 875 Mitglieder. Im Fokus steht derzeit der Umbau eines Teils des Bestandes zu barrierefreien Wohnungen. „Ich denke, wir können stolz darauf sein, was wir in den vergangenen Jahren geschafft haben“, meint Vorstand Frank Saft. „Zwar können wir nicht auf eine solch ausgeprägte Historie wie andere Genossenschaften zurückblicken … wir sind die jüngste und auch die kleinste der Wohnungsgenossenschaften, aber wir haben schwierige Zeiten überstanden, verfügen über eine überschaubare, effiziente Verwaltung und fühlen uns hier fast wie eine große Familie.“ Tina Heinz

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