Sie nannten ihn „Pinsel“ …

Kevin Schulz als Vincent alias „Pinsel“ in „Olvenstedt probierts“. Foto: J. Wolf

In diesem Sommer überraschte die Inszenierung „Olvenstedt probiert’s“ mit neuen Mitspielern und Charakteren. Die Rolle des „Pinsel“ zumindest hat die Chance auf Kultstatus.

Seine Stimme klingt im ersten Moment etwas nervig. Ständig geht die Tonlage am Ende des Satzes nach oben. Vincent, genannt „Pinsel“, ist Jugendklubleiter aus Gerwisch, zumindest in seiner  Rolle als neuer Mann in der Theatergruppe von „Olvenstedt probiert’s“ der Kammerspiele Magdeburg in diesem Sommer.  Groß gewachsen und mit buntem Batik-Shirt fällt er auch optisch auf. Dazu noch der Drang nach perfekter Pünktlichkeit.  Ein nerviger Typ! Oder? Je länger man ihn in dieser Rolle erlebt, desto amüsanter wird es. Am Ende der Vorstellung jedenfalls hört man hier und da, wie das Publikum sich seiner Sprechweise versucht. Es scheint ein Nerv getroffen.


Dabei ist Kevin Schulz, so der Name des Darstellers, in Wirklichkeit ein ganz anderer Typ. Nett, freundlich, aufgeschlossen, vielseitig sind nur einige Attribute, die ihn umschreiben – dazu kommt ein absolutes Hochdeutsch. Kein Wunder, hat der Magdeburger doch Sprechwissenschaften studiert.  Als wir uns zum Gespräch treffen, fällt es ihm aber auch nicht schwer, sofort wieder in die „Pinsel“- Sprechweise zu wechseln. Machdeburjisch beherrscht er ebenso, und er hätte gern auch im Stück so gesprochen, erklärt Kevin. „Es ist schade, wenn die regionalen Sprachen dem allgemeinen Hochdeutsch weichen“, bedauert er. Doch im Theaterstück gibt es bereits „Machdeborjer“ wie Beate und Achim. Also wollte Regisseur Oliver Breite eine andere Nuance einbringen. Mit der Variante des „Pinsel“ ist dies hervorragend gelungen.

Kevin Schulz als Gefreiter im „Hauptmann von Köpenick“. Foto: Kammerspiele

Kevin Schulz besuchte das Hegelgymnasium, legte ein Auslandsjahr in Amerika ein, studierte außer Sprechwissenschaften interkulturelle Wirtschaftskommunikation und Deutsch als Fremdsprache. Jetzt arbeitet er im Medienbereich, u.a. für den MDR, ist Autor, Sprecher und Kameraassistent. Er ist nicht nur kulturell interessiert, er singt auch gern. Als Schüler begann er im Magdeburger Knabenchor, es folgte u.a. der Kammerchor, Bands (neu: Betty oh Boy) und er stand bereits im Theater Magdeburg auf der Bühne. Zu den Kammerspielen kam er durch seinen Freund Michael Magel (seit 2007 im Ensemble der Kammerspiele Magdeburg), mit dem er gemeinsam Musik macht. Es begann mit (kleinen) Hilfsarbeiten, Auf- und Abbau, Licht, Ton … führte zum Mitwirken bei der „Magdeburgischen Hochzeit“, „König.Tango. Frosch“, war Student bei „Faust“ und setzte nun als „Pinsel“ einen darstellerischen Farbstrich.


Außerdem engagiert sich Kevin Schulz im Sanierungsverein des Ravelin 2. Dorthin gekommen war er durch Zufall, erzählt der 30-Jährige. Nach Studium in Jena und Rückkehr in die Heimatstadt suchte er Beschäftigung. Unter anderem fragte er eine (damalige) Bekannte, ob er für sie bzw. den Verein Flyer, Plakate oder Ähnliches fertigen könne. Konnte er. Und fing Feuer – bei der Frau und dem Verein, für den sie tätig ist. Geschichtliches habe ihn schon immer interessiert, sagt er, im Sanierungsverein lernte er viel dazu, zudem Handwerkliches. Wird das Festungsgelände doch seit fünf Jahren Stein für Stein von den Vereinsmitgliedern ehrenamtlich saniert.


Theaterspiel und Sanierungsverein verbinden sich in  „Der Hauptmann von Köpenick“, im vorigen Jahr bereits im Ravelin 2 stürmisch gefeiert. Die Idee kam übrigens von Kevin Schulz. Er hatte von einer Inszenierung mit einem farbigen Hauptmann gehört. Den Klassiker mit anderen Facetten aufzuführen, gefiel ihm. Das Ravelin bietet zudem ein „authenthisches“ Terrain. Neben Kostümen werden von den Darstellern originalgetreue Uniformen getragen. Wie von Kevin Schulz, in seiner Rolle als Gefreiter, und anderen Vereinsmitgliedern. Ab 8.August gibt es eine Wiederaufnahme. Die 16 Aufführungen in diesem Sommer sind bereits ausverkauft. Birgit Ahlert

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