Gedanken haben (nicht) frei

... im neuen Programm der Zwickmühle

Oliver Vogt, Marion Bach (M.) und Heike Ronniger beim kabarettistischen „Sektempfang“.

Was passiert eigentlich, wenn die Gedanken wirklich frei haben? Ja, gut, bei einigen mag das ein Dauerzustand sein. Vielleicht tun sie auch nur so als ob. Lassen wir das mal dahingestellt. „Die Gedanken haben frei“ ist jedenfalls der Titel des neuen Programms von Marion Bach und Heike Ronniger, das gerade in der Zwickmühle Premiere hatte. Es ist mehr ein Programm im Programm, womit die kabarettistischen Zwicker nicht nur im Trend liegen, sondern auch beim Publikum gut ankamen. Geladen wird in die Bundestagskantine, da sind Menschen und Politiker, streitbare und streitlustige. Aber alles in Ruhe. Wir sind ja nicht auf der Flucht.
In der Kantine spielt sich einiges ab, dank der Autoren Matthias Thurau und Tobias Götze (Regie: Michael Rümmler). Viele Fragen des Lebens werden aufgeworfen, vom Drittjob bis zur Altersarmut bis zu den Zusatzstoffen, die wichtiger geworden sind als Lebensmittel. Der Fiskus mit seinen verdeckten Ermittlern wird zur „Terrororganisation“, es geht um Flüchtlinge und Willkommenskultur – für Schwarzgeld. Alles mit Menschenwürde, nein „mit Menschen würde das nicht gehen“ ... Davon können die Damen ein Lied singen, wie von der Schweiz, mit schwiizerdütscher Zugabe. Herrlich! Die musikalischen Einlagen lockern nicht nur auf, sie gehören zu den Höhepunkten. Ob die modernisierte Version der „10 kleinen Negerlein“ bis zu einem Medley bekannter Melodien, natürlich mit neuen Texten. Und während man noch mit Schunkeln und Klatschen beschäftigt ist, arbeiten sich die Gedanken vom hinteren Hirnstübchen langsam nach vorn und lassen das Lachen erstarren.
Ein weiterer Höhepunkt – zur schönen Tradition geworden – ist unbestritten der Aufritt der alten Damen. Sie fabulieren „auf der Zielgeraden“ über Männer, Genießen, Enten und wie wichtig ein Ernährungscoach für 100-Jährige ist. Eine mimische und sprachliche Glanzleistung! Immer wieder schön: Die Bach als Merkel. Besser als das Original. Wobei endlich mal aufgeklärt wird, woher deren berühmte „Raute“ kommt ... Auffällig ist die größere sprachliche Einbindung der Musiker im Vergleich zu vorigen Programmen. Bei der Premiere Oliver Vogt am Klavier, der sich bei den folgenden Vorstellungen mit Christoph Deckbar abwechseln wird. Die Herren werden vom „Beiwerk“ zum Mitmacher. Gut so.
Ein gelungenes Werk, dieses Programm. Da haben sich Einige Gedanken gemacht, sie waren so frei. Und laden Sie ein, daran teilzuhaben. Für meinen Geschmack hätte man zwar auf den einen oder anderen Kalauer verzichten können (Mitglied), doch das ist eine Marginale. Schauen Sie es sich an, hören Sie zu und machen Sie sich Ihre eigenen Gedanken ... Birgit Ahlert

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