Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm

Ines Lacroix, Michael Günther Bard, Susanne Bard und Matthias Engel in Dirk Heideckes Stück „Nachbarn – Die Rückkehr“. Foto: Viktoria Kühne

Man trifft sich immer zweimal im Leben. Und so kann es sein, dass jahrelange Nachbarn – obwohl ungewollt – im Alter in einer Seniorenresidenz erneut aufeinandertreffen. Im jüngsten Stück des Magdeburger Dramatikers Dirk Heidecke geht es genau um eine solche Konstellation. Diese Voraussetzung verspricht schon jede Menge Verwicklungsstoff. Doch bei Heideckes „Nachbarn – Die Rückkehr“ kommt es in der Aufführung im Theater an der Angel noch komplizierter (Premiere am 25. März). Ines Lacroix und Matthias Engel verschmolzen auf der Angler-Bühne in der Nachbarn-Uraufführung mit den Kammerspiele-Ensemble-Mitgliedern Susanne und Michael Günther Bard.
Wilhelm Weißenborn (Matthias Engel), ein wenig bekannter Theaterdramaturg, und seine erfolglose Schauspieler-Gemahlin Waltraud Weißenborn (Susanne Bard) haben es sich im Altersruhesitz gemütlich gemacht. Gestört werden sie nur, als der stimm-verlorene Tenor Herbert Schwarzenberg (Michael Günther Bard) nebst Ehefrau und Ex-Souffleuse Hannelore (Ines Lacroix) auftaucht.
Die narzisstischen Neidkomponenten zwischen Künstlerkonkurrenten setzen sich fort, genauso wie die kleinen nachbarschaftlichen Streitigkeiten. Dass Herbert Schwarzenberg vor Jahrzehnten einen Apfel oder auch mehrere vom Baum seiner Weißenborn-Nachbarn gepflückt hatte, scheint der Anlass für den Grundkonflikt zu sein. Allerdings haben sich die Zwistigkeiten in den Kindern der alten Künstler fortgesetzt. Auch die kommen auf die Bühne und werden ebenfalls von den vier genannten Darstellern verkörpert. Die in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung lebende Tochter Vera Weißenborn (S. Bard), der Theater-Regisseur Valentin Weißenborn (M. Engel), der auch noch zu allem Unglück der Eltern mit Ute Schwarzenberg-Weißenborn (I. Lacroix) verheiratet ist. Uwe Schwarzenberg (M. Günther Bard) ist als spielsüchtiger und insolventer Taugenichts ohnehin das Schwarze Schaf der Familie.
Der Konfliktstoff ist also reichhaltig und wird von den vier Schauspielern in der jeweiligen Rolle in komischer Überhöhung des entsprechenden Charakters umgesetzt. Mit gegenseitigen Vorwürfen, bösen Streichen und permanenten Wortgefechten ist das Stück angereichert. „Anglern“ und „Kammerspielern“ gelingt es, eine unterhaltsame Komödie auf die Bretter zu bringen, bei dem selbst das Publikum hin und wieder daran erinnert wird, selbst Bewohner dieser illustren Seniorenresidenz zu sein.
Am Ende der Überkreuz-Duelle hat man sich zwar gegenseitig viele Antworten an die Köpfe geworfen, aber genauso viele Fragen offen gelassen. So ist das eben unter Nachbarn. Da schwelen immer Missgunst und Argwohn wie ein ewiges Feuer. Und die Kinder der Protagonisten tragen den Konflikt ihrer Eltern weiter. Der Apfel fällt eben nicht weit vom Stamm, auch wenn man sich zweimal oder in den Nachfahren wiederbegegnet. Um den gemopsten Apfel geht es immer wieder, und mehr wird hier nicht verraten. Die jüngste Komödie sollte sich schon jeder selbst im Theater an der Angel anschauen.
Thomas Wischnewski
Spielplan und Tickets unter: www.theater-an-der-angel.de

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