Dämonen in der Mitte des Lebens

Am 12. Mai hat im Theater an der Angel das Stück „Dämon der Mitte – Eine frankophile Comic-Komödie über Männer und andere Irrtümer“ von Michele Bernier und Marie Pascale Osterieth Premiere (Original: „Le Démon de Midi“ von Florence Cestac; Regie: Rosmarie Vogtenhuber). Ines Lacroix zeigt in einem tragikomischen Solo Trennungserfahrungen Betroffener und die Reaktionen des Umfeldes.

Frau Lacroix, ich traue mich kaum zu fragen, ob in diesem neuen Stück Ihre eigenen Dämonen der Lebensmitte zum Vorschein kommen?
Ines Lacroix: Natürlich lasse ich die heraus. Jedes Stück auf unserer Bühne muss in die Erfahrungen des Ensembles passen. Wir haben von Anfang an Theater gemacht, das stets mit uns selbst zu tun hatte.

Es geht um Midlife-Crisis und Trennung. Ist das auch persönliche Bewältigungsstrategie?
In gewisser Weise schon. Wenn sich nach einer 28-jährigen Partnerschaft der Mann in eine jüngere Frau verliebt, durchlebt man dämonische Zeiten.

Also ist es eine aktuelle Stückauswahl?
Nein. Das deutsche Bühnenstück der fanzösischen Comicvorlage schlummerte schon eine Weile in der Schublade. Aber es hatte bisher nichts mit mir zu tun. Jetzt schon.

Muss der Zuschauer mit einer Abreibung der abgrundschlechten Männerwelt rechnen, die im Hader mit dem Alter einen Liebesjungbrunnen suchen?
Überhaupt nicht. Die Dämonen der Mitte ergreifen zwischen dem 40. bis 70. Lebensjahr von uns allen Besitz. Und die Zeiten, in denen die überwiegende Mehrheit in lebenslangen Partnerschaften verbunden war, lösen sich auf. Darum geht es im Kern oder um solche Fragen, wie man mit den geringstmöglichen Verletzungen solche Situationen überwindet. Über die kurze Phase der Pubertät machen wir in der Gesellschaft ein Heidenspektakel, aber über die viel länger andauernde Midlifecrisis und deren emotionale Verstrickungen wird vielfach ein Deckmäntelchen geworfen.

Aber die schmerzliche Gefühlswelt so eines Verlustes werden Sie dem Publikum nicht ersparen?
Wut, Trauer, Schmerz, Ankunft und Neubeginn – das ganze Spektrum dieser Berg- und Talfahrt spielt sich ab.

Sie nehmen in dem heiter-diabolischen Monolog mehrere Perspektiven ein. Welche sind das?
Ich bin die prophezeiende Fee, die Verlassene und der Verlassende sowie gleich noch die neue, junge Partnerin des Ex. Freunde, Familienangehörige und Nachbarn – alle, die in so eine Situation mit hineingerissen werden, erscheinen auf der Bühne, insgesamt sind es 15 Figuren.

Sie können unmöglich jedes Mal in ein neues Kostüm schlüpfen. Wie lösen Sie den Charakterwechsel?
Die Figuren sprechen über die Haltung, die Stimme und Tonlage. Das wird richtiges Objekttheater und ich bin froh, dass ich Rosmarie Vogtenhuber als Regisseurin gewinnen konnte. Sie hat das berühmte Max-Reinhardt-Seminar Wien besucht. Da kommt nicht jeder hin.

Zwei Frauen erzählen über die Schuld eines Mannes. Kann das gut gehen?
Zugegeben, ich hatte anfangs genau solche Bedenken. Und wir zeigen natürlich typische, archetypische und stereotypische Muster von Männlein und Weiblein. Doch es geht eben nicht um Schuldfragen, sondern um die veränderten Beziehungen und deren Halbwertzeiten. Die Akzeptanz, dass man ein Neuverlieben zulassen kann und vielleicht sogar muss, dass selbst der scheidende Partner der Situation mit Ohnmacht und Sprachlosigkeit gegenübersteht. Was tut man seinen Freunden an, die sich jede anfangs empfundene Schmach anhören sollen? Und die man zum Auffangbecken für Mitleid, Schuld und Sühne macht. Das Ganze ist eine facettenreiche Selbstreflexion. Natürlich will ich mit den Lebensmittedämonen zum Nachdenken über die Ambivalenz heutiger Partnerschaftsentwürfe anregen.

Sollten wir uns von den Träumen über ewig währende Liebe und Treue verabschieden?
Von Träumen sollte man sich nie verabschieden. Es gilt, ein insgesamt offeneres Verständnis zu entwickeln, das Loslassen zu akzeptieren und die Chancen neuer Bindungsmöglichkeiten anzunehmen oder mit Verlusten umgehen zu können.

Je tiefer wir in das Thema einsteigen, um so melodramatischer kann man darüber diskutieren. Wie viel leichte Unterhaltung kann da noch von der Bühne kommen?
Da kann ich Sie beruhigen. Es gibt jede Menge Raum für Fröhlichkeit, für Situationskomik und Pointen. Vielleicht werden manche insgeheim über sich und einstige Trennungsverirrungen lachen können. Also ganz bestimmt sogar. Dämonen lassen sich immer gut karikieren.

Fragen: Thomas Wischnewski

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