Vom Wort zur Kunst im Spiel

Frank Bernhardt lädt in die neue „Hall of Fame“ ein, in der 66 Frauen und Männer geehrt werden, die das Puppentheater in den 60 Jahren seines Bestehens mit geprägt haben. Es befindet sich in der villa p. Foto: Peter Gercke

Gespräch mit Frank Bernhardt, Künstlerischer Leiter des Magdeburger Puppentheaters.

Magdeburg Kompakt: Am Anfang steht das Wort – auch bei jeder Inszenierung. Die Kunst ist es, daraus Kunst zu machen. Wie entsteht aus den Worten ein Stück?
Frank Bernhardt: Grundsätzlich eine enorme Herausforderung! Ob im Theater oder im Film. Ein Roman, eine Erzählung, Literatur generell ist ja zunächst und zuerst durch einen individuellen Autoren und dann durch einen individuellen Leser mit „Bildern“ aufgeladen bzw. besetzt.

Jeder liest Literatur vor dem Hintergrund eigener biographischer Erfahrungen. Wird Literatur zu Theater, haben Regie, Dramaturgie, Bühnen- und Kos-tümbild, Puppenbau usw. die Aufgabe, möglichst respektvoll und wahrhaftig mit der Vorlage umzugehen. Nicht umsonst gibt es im Theater den gefürchteten Ausspruch: „Das Buch war besser!“.

Wie häufig werden literarische Vorlagen verwendet? Gibt es Unterschiede bei Inszenierungen für Kinder und für Erwachsene?
Da letztlich jedes geschriebene oder gedruckte Wort als literarische Vorlage gelten kann, ist diese sehr häufig Ausgangspunkt für die Bühne, auch bei uns im Puppentheater. Aber auch die Bühnenadaption von Filmen ist sehr beliebt. Aktuell bei uns „M – eine Stadt sucht einen Mörder“. Filmstoffe auf die Bühne zu bringen, ist nicht unbedingt einfacher. Da es aber bereits die visuelle Interpretation einer Geschichte gibt, kann man sich dem Original leichter und assoziativer nähern. Das „Spiel“ mit den Erwartungen des Zuschauers ist ein anderes, da Regieteam und Zuschauer einen gemeinsamen Ausgangspunkt haben, der bereits in Bildern existiert. Gerade im Puppentheater sind dann die Mittel extrem vielfältig, um sich einer filmischen Vorlage zu nähern und sie neu zu interpretieren.

Nein, es gibt keinen Unterschied bei Inszenierungen für Kinder oder für Erwachsene. Im Kindertheater benutzen wir gern Bildergeschichten. Sie lassen am meisten Raum für szenische Erfindungen und ästhetische Interpretationen. Viele Inszenierungen basieren auf Vorlagen, die zunächst aus nur einer Dreiviertelseite Originaltext bestehen. Egal, was am Ende des künstlerischen Prozesses auf die Bühne kommt – am Anfang ist das Wort. Ja, das ist so.

Das Puppentheater erlebt seine 60. Spielzeit. Zu den Höhepunkten gehört die Inszenierung „King Kong“, eine Adaption des Films? Was ist das Besondere?
Der Ausgangspunkt der Kammeroper ist der Film von 1933. Die Inszenierung entsteht in Koproduktion mit dem Theater Magdeburg. Wenn die Oper beginnt, hat das Drama der Filmhandlung bereits stattgefunden. King Kong ist tot. Die Akteure stehen   vor einem mythischen Weltgericht. Man will wissen, warum dieses Wesen zu Tode gekommen ist. Wie kam es überhaupt in die Zivilisation? Die Zeugenaussagen widersprechen sich permanent. Viele individuelle Wahrheiten entstehen. Der Mord am Riesenaffen wird zur Projektionsfläche unserer Zivilisationsängste. Wie gehen wir mit Fremden um? Wird aus dem Exotischen Bedrohung, muss man es abschaffen ...? Was ist Wahrheit, was ist fake?

Zum Anlass Buchmesse: Auch das Puppentheater hat bereits Bücher veröffentlicht ...
Oh ja, das ist zum einen „Ich bin nicht lustig – Tagebuchfragmente eines Kaspers“, ein originell illustriertes Buch als fiktive Kulturgeschichte des Kaspers. Zum anderen gibt es „Kasper und Konsorten“ mit einem Vorwort von Juli Zeh, die wunderbar beschreibt, wie sich ihre Abneigung zum Puppenspiel zur Liebe gewandelt hat, durch die Arbeit in unserem Haus. Ein drittes Buch ist in Vorbereitung über die Entwicklung des Magdeburger Puppentheaters ab 1989. (Fragen: Birgit Ahlert)

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