stromlos ...

Irgendetwas stimmt nicht. Es ist noch früh am Morgen, die Umgebung komplett in Dunkelheit getaucht. Es dauert einen Moment, dahinterzukommen, was nicht stimmt. Dunkelheit … draußen auf der Straße und in den Nachbarhäusern. Das StandbyLämpchen am Radio leuchtet nicht. Auch der Kühlschrank gibt nicht das gewohnte Geräusch von sich. Und die Heizung? Kalt.

Stromausfall. Nichts funktioniert. Kaffee zum Frühstück? Fehlanzeige. Vorher warm duschen? Ebenso. Das Toastbrot muss labbrig verzehrt werden. Aber immerhin ist die Butter inzwischen streichzart. Und nach dem bescheidenen Frühstück? Computer, Radio und Fernseher sowie das Telefon und alle anderen stromhungrigen Geräte verweigern ihren Dienst. Das Smartphone ist zum Glück noch arbeitswillig, allerdings zeigt der Akkustand nur noch 20 Prozent an. Lesen. Man könnte ein wenig lesen. Zumindest, solange die Hände noch nicht steif vor Kälte geworden sind und beim Umblättern versagen …

Ein nur wenige Stunden andauernder Stromausfall ließe sich so ohne größere Probleme überbrücken. Aber wie sieht es aus, wenn der Strom in einem großen Gebiet für längere Zeit wegbleibt? Eher unwahrscheinlich, mag man dabei denken. Doch wer hätte geglaubt, dass die Twin Towers des World Trade Centers infolge eines Terroranschlags einstürzen und fast 2.800 Menschen mit in den Tod reißen? Oder dass ein Erdbeben einen Super-GAU in einem japanischen Atomkraftwerk verursacht? In Deutschland ist ein großflächiger Stromausfall weniger wahrscheinlich als bspw. in den USA, wo die überirdischen Netze anfällig sind und durch Stürme oder Blitzeis beeinträchtigt werden.

Dennoch: „Terroristische Anschläge, Naturkatastrophen oder besonders schwere Unglücksfälle haben (…) offenkundig gemacht, welche weitreichenden Folgen die Beeinträchtigung oder der Ausfall kritischer Infrastrukturen für das gesellschaftliche System insgesamt haben können“, heißt es in einer Analyse des Büros für Technikfolgenabschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB). „Unterstellt man das Szenario eines mindestens zweiwöchigen und auf das Gebiet mehrerer Bundesländer übergreifenden Stromausfalls, kämen die Folgen einer Katastrophe nahe“, lautet das Fazit der Studie. Ein mehrere Tage währender, großflächiger Stromausfall bedeutet u.a.: keine funktionierenden Heizanlagen; kein Licht; kein E-Herd, kein Kühlschrank (und andere in der Küche bzw. im Haushalt benötigten Geräte); keine Kraftstoffe an der Tankstelle; keine Möglichkeit, Geld abzuheben oder mit Karte zu zahlen; zusammenbrechende Informations- und Kommunikationssysteme sowie kollabierende Transport- und Verkehrssysteme und infolge dessen kann bspw. Die Lebensmittelversorgung nicht mehr gewährleistet werden. Dramatisch sind die Folgen ebenfalls für das Gesundheitssystem. Laut TAB-Bericht ist „bereits nach 24 Stunden die Funktionsfähigkeit des Gesundheitswesens erheblich beeinträchtigt“, da die Notstromversorgung in Krankenhäusern nur auf wenige Tage ausgelegt sei. Die Analyse geht davon aus, dass nach etwa einer Woche die medizinische und pharmazeutische Versorgung weitgehend zusammenbricht.

Auch mit Blick auf die Lebensmittelversorgung zeichnet die Studie ein düsteres Bild. Die Experten des Büros für Technikfolgenabschätzung gehen davon aus, dass spätestens nach einer Woche die Vorräte in den Geschäften und Haushalten aufgebraucht sind. Zwar können die Behörden in solch einem Fall auf Notbrunnen für die Trinkwasserversorgung sowie EU-Reserven mit Getreide und Fleisch zurückgreifen, jedoch kann „trotz größter Anstrengungen (…) die flächendeckende und bedarfsgerechte Versorgung mit Lebensmitteln nur ungenügend gewährleistet werden.“

Was im TAB-Bericht steht, mag wie ein Szenario aus einem Film klingen. Und selbst wenn die Autoren der Studie konzedieren, dass die Wahrscheinlichkeit eines kompletten Blackouts in Deutschland gering ist, so lohnt es sich in der heutigen Zeit doch, über mögliche Konsequenzen nachzudenken. Tina Heinz

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