Schifffahrt auf der Elbe und 125 Jahre Magdeburger Hafen 4

Nach fünfjähriger Bauzeit, am 5. April 1893 konnte das erste Schiff den neuen Handelshafen anlaufen. Mittels eines fahrbaren Dampfkranes erfolgte die Entladung von 2.000 Zentnern Kleie der Firma H u. R Wertheim in die firmeneigenen Speicher. Die Umschlagmengen stiegen kontinuierlich. 1897/98 wurde aus 2.293 Schiffen nahezu eine halbe Million Tonnen Güter entladen und 887 Schiffe mit 270.353 Tonnen Waren beladen. Auch die Warenströme mit der Eisenbahn nahmen zu. Pro Jahr wurden fast 1,3 Millionen Tonnen Waren umgeschlagen. Dazu zählten Getreide, Düngemittel, Zucker, Kohle, Salz, Holz, Futtermittel und andere Güter. Es waren, neben den Bergbau betreffende Werkstoffe, insbesondere Erzeugnisse, die die Magdeburger Börde produzierte. 1906 erreichte der Handelshafen seinen höchsten Umschlag mit einer Gütermenge von rund 1,4 Millionen Tonnen. Der Hafen war ausgelastet und den Anforderungen nicht mehr gewachsen. Ein Neubau wurde geplant. Von 1908 bis 1910 arbeitete man daher fieberhaft am neuen Industriehafen. Dieser wies eine Länge von 1.670 Meter auf und war bei normalem mittlerem Wasserstand der Elbe 62 Meter breit. Die Sohle des Hafens lag bei 36,8 Meter über Normal Null, wodurch Schiffe bei Mittel- bzw. Niedrigwasser mit mehr Tiefgang hier einfahren konnten. Ein Hafenbahnanschluss für alle Grundstücke sowie Grundstückstiefen von 120 bzw. 140 Metern und Straßenverkehrsanschlüsse brachten die Besiedelung der mehr als drei Kilometer langen Uferlinie in wenigen Jahren. Insbesondere waren es die verarbeitenden Betriebe, die dem Hafen den Namen „Industriehafen" verliehen. Diese Hafenerweiterung erforderte Kapital. 1924 übernahm mit der Gründung der Magdeburger Hafen- und Lagerhausgesellschaft mbH die Reedereifirma Julius Krümling 49 Prozent der Anteile. Die Stadt hielt die übrigen 51 Prozent als Mehrheitsgesellschafterin. 1925 erfolgte der Zusammenbruch der Fa. Krümling. Somit war die Stadt Magdeburg fortan alleiniger Gesellschafter.

Im Zusammenhang mit den Bauplanungen des Mittellandkanals für das 1.000-Tonnen-Schiff wurde 1929 der 2,4 Kilometer lange Mittellandkanalhafen gebaut, der heutige Kanalhafen. Kaianlagen entstanden auf dem Trennungsdamm, an der Großgaserei und in den zwei Hafenbecken. Bauherr war die Mittellandkanal-Hafen Magdeburg- Aktiengesellschaft. 1934 wurden die Geschäftsanteile der Magdeburger Hafen- und Lagerhausgesellschaft mbH von der Mittellandkanal-Hafen Magdeburg- Aktiengesellschaft übernommen. Die Stadt Magdeburg aber hielt 51 Prozent der Aktienanteile und löschte 1936 die Lagerhaus GmbH im Handelsregister. Mit dem Satzungsbeschluss der Hafen AG Magdeburg 1938 standen damit alle Magdeburger Hafenteile unter einer einheitlichen Regie bis 1945.

Im 2. Weltkrieg wurden alle Hafenteile zum Teil vollständig zerstört. Die im Hafen angesiedelte Industrie hatte Schlüsselfunktionen und war deshalb immer wieder Ziel der Luftangriffe. Was den Krieg überdauerte, wurde 1945 durch die russische Besatzungsmacht ausnahmslos als Reparationsleis-tungen demontiert und abtransportiert. Die Elbschifffahrt kam damit vollständig zum Erliegen. 28 zerstörte Brücken und 690 versenkte Fahrzeuge blockierten das Fahrwasser und den Hafen. Sofort nach Kriegsende begann man mit den Aufräumarbeiten und machte den Hafen zum Teil wieder nutzbar. Dennoch, die Eigentumsfragen waren wegen erfolgter Enteignungen unklar.

Am 26.06.1947 beschließt der Verwertungsausschuss für enteigneten Besitz einstimmig, die Hafen AG Magdeburg an die Stadt zu übergeben. Ein halbes Jahr später gab es eine Neufassung der Satzung der Hafen AG Magdeburg mit einer Kapitalverteilung von 49 Prozent vom Land Sachsen-Anhalt (vertreten durch die Landesregierung) und 51 Prozent der Stadt Magdeburg. Das Grundkapital der AG betrug sechs Millionen DM. Die sich im Folgejahr fortsetzende Diskussion zur Führung des Hafens als eine AG oder als ein VEB gipfelte im September 1948 in einem Einspruch    des Magdeburger Oberbürgermeisters, Rudolf Eberhard, gegen die Streichung der Hafen AG im Handelsregister. Alle Bemühungen waren zwecklos. 1949 wird die „Deutsche Schiffahrts- und Umschlagbetriebszentrale“ (DSU) gegründet. Dieser Betrieb hatte sowohl die Interessen des privaten Sektors sowie den staatlichen und volkseigenen Bereich zu vertreten. Aufgeteilt wurde 1952 in DSU Berlin DSU Magdeburg und DSU Stralsund. Erst 1957 wird die DSU getrennt. Es entstehen der VEB Deutsche Binnenreederei und mit dem 01.01.1957 der VEB Binnenhäfen „Mittelelbe“ Magdeburg. Dazu gehören neun weitere Häfen in Halle, Aken, Roßlau, Schönebeck, drei in Magdeburg, Haldensleben und Wittenberge. Der größte Hafen ist Magdeburg mit dem Kanalhafen, Indus-triehafen und Handelshafen.

Die Antriebstechnik der Schiffe veränderte sich allmählich. Noch 1938 sind lediglich 17 Prozent aller Schiffe mit einem Dieselmotor ausgerüstet. Die große Zeit der Motorschiffe beginnt erst nach dem Zweiten Weltkrieg. Die neu gebauten Schiffe werden mit platzsparenden und preisgünstigeren Dieselmotoren ausgerüstet. Etwa 1960 ist die Schleppschifffahrt beendet, das Regelschiff ist jetzt der Selbstfahrer. Die Schifffahrt mit Schubbooten beginnt.

Mit der Wende wurden 1990 alle volkseigenen Unternehmen (VEB) privatisiert und der Treuhandanstalt unterstellt. Es entstand die Binnenhäfen „Mittelelbe" Magdeburg GmbH als 100-prozentige Tochter der Treuhandanstalt. Einem Restitutionsantrag der Stadt Magdeburg wurde stattgegeben. Danach wurden 50 Grundstücke der Stadt 1992 zurückübertragen. Der Hafen Magdeburg wurde aus dem Hafenverband der Binnenhäfen „Mittelelbe“ Magdeburg GmbH ausgegliedert und im Rahmen der Kommunalisierung der am 12.03.1992 gegründeten Magdeburger Hafen GmbH (MHG) übertragen.


Dieser vierteilige Beitrag entstand mit freundlicher Unterstützung des „Vereins zur Förderung der Magdeburger Hafengeschichte e.V.“. Der Vereinsvorsitzende Dipl.-Ing. Wolfgang Hucke war ab 1992 Technischer Geschäftsführer der Magdburger Hafen GmbH und ist seit 2008 Vorsitzender des Vereins. Über die Jahre trug er historische Fakten zur Schifffahrtsgeschichte und zur Entwicklung des Magdeburger Hafens zusammen, das in diesem Artikel zum Teil Verwendung fand.

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