Schifffahrt auf der Elbe und 125 Jahre Magdeburger Hafen 3

Der alte Speicher im Handelshafen auf einer historischen Postkarte.

Aus der Reformationszeit und den nachreformatorischen Jahren gibt es zu wenige Aufzeichnungen über Schifffahrt und Hafen, als dass man sich ein Bild der damaligen Schiffsbe- und entladungen machen könnte. Sicher spielte die ausgezeichnete Lage der Stadt für den wasserseitigen Umschlag eine wichtige Rolle. Die Hafenentwicklung vollzog sich insbesondere am Westufer der Elbe unterhalb des Domes. In diesem Bereich, unmittelbar am Elbufer der Stromelbe (nördlich der Eisenbahnhubbrücke ), wurde dann 1729/30 der „Alte Packhof“ gebaut. Das schlossartige Gebäude diente der Aufnahme der Transitwaren, welche aufgrund des immer noch geltenden Stapelrechts zum Verkauf ausgelegt wurden. Die Elbe war von dieser Zeit an ein viel befahrener Strom. Böhmisches Holz wurde insbesondere per Floß talwärts transportiert. Denn ohne Holz ging damals gar nichts. Keine Metallherstellung, kein Hausbau, kaum ein Handwerk, kein Verkehr und kein Hafenbetrieb waren denkbar ohne Holz und Holzkohle. Es waren die Pampel, wie sich die Flößer nannten, die auf der Elbe das Holz u.a. auch nach Magdeburg flößten. Bruchsteine wurden per Schiff transportiert. Die sogenannten Steinschiffe erhielten ihre Ladung aus den an der Elbe im Überfluss liegenden Steinbrüchen im sächsischen und auch aus den Brüchen bei Plötzky und Gommern.

Die große Zeit der Flussschifffahrt auf der Elbe nahm in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine rasante Entwicklung. Für die Eisenbahn waren die Gleisnetze noch nicht ausreichend entwickelt. Auf der Straße konnten Massengüter noch nicht transportiert werden. Das Schiff war das einzige Transportmittel, was um 1838 im Durchschnitt 36 Lasten, das waren 57 Tonnen, bewegen konnte. Bei einer 12-köpfigen Schiffsbesatzung waren das ca. 5 Tonnen pro Person. Leistungen, die nur über die Wasserstraßen möglich waren.

Mitte des 19. Jahrhunderts geriet Deutschland in den Sog eines rasanten wirtschaftlichen Aufschwungs, der viel Geld in Umlauf brachte. Die ersten regelmäßigen Dampfschiffverbindungen mit Amerika entstanden. Davon profitierte die Elbschifffahrt, denn die Drehscheibe im Amerikaverkehr war Hamburg. Somit profitierte auch Magdeburg als Binnenhandelsplatz und damit im Zusammenhang zu sehen als Industriestandort. Das Schiff galt als das konkurrenzlose Transportmittel für Massengut. Parallel zur Schiffsentwicklung wurden die Hafenanlagen am Westufer des Stromes weiter ausgebaut. Neben dem „Alten Packhof“wurde 1837 der „Neue Packhof“ fertiggestellt. Die vorhandene Infrastruktur Hafen bildete dann auch die Voraussetzung für den Verkehrsträger Schiene. Der Bahnhofsbau begann 1835 im Bereich des jetzigen Klosterbergegartens. 1839 rollten die ersten Züge nach Schönebeck. 1840 war Leipzig güterverkehrstechnisch über die Schiene an die Wasserstraße Elbe angebunden und hatte damit einen sicheren Zugang nach Hamburg und Übersee. Es war die Geburtszeit für Güterverkehrszentren mit Schiene und Wasserstraße, in denen der Verkehrsträger Straße nur für die regionale Anbindung zuständig war. Die Zeit des Straßenfernverkehrs kam erst 100 Jahre später. Im Wettbewerb kämpften das Schiff und die Eisenbahn. Beide stellten ihre Forderungen an die Infrastrukturen Wasserstraßen und Gleisnetz. Diese Infrastrukturen sind bis heute im Zuständigkeitsbereich des Staates.

Politische Vereinbarungen zur Regulierung der garantierten Fahrwassertiefe und zum Stromausbau wurden getroffen. Die Elbstrombauverwaltung wurde 1866 gegründet mit Sitz in der Hafenstadt Magdeburg. Kähne von höchstens 200 Tonnen Ladevermögen konnten mit größten Schwierigkeiten die Elbe befahren. Die Schifffahrt verlangte nach einem Ausbau des Stromes. Der Wettbewerb mit der Eisenbahn forderte die Entwicklung neuer Techniken. Die Kettendampfer von 1866 bis 1921 erlebten innerhalb von 50 Jahren ihren Aufstieg und Niedergang.

Der Umschlag der Waren von den Elbeschiffen erfolgte über die kilomterlangen Hafenanlagen wie hier an der Hubbrücke.

Die Hafenanlagen am Strom entsprachen nicht mehr den modernen Massenumschlagbedingungen. Insbesondere erforderten Hochwasserzeiten und Eisgang im Winter den Schutz für die teurer werdenden Schiffe. Der 1842 gebaute Winterschutzhafen auf der ostelbischen Seite der Stadt versandete zu häufig. Immer wieder gab es in diesem Hafen Probleme infolge von Hochwasser und Eisgang. Auch ein späterer Ausbau dieses Winterhafens nutzte wegen der örtlichen Verhältnisse nicht zur Ausgestaltung als Handelshafen. Die Verkehrsentwicklung verlangte den Bau eines neuen Hafens. Dies sollte stadtnah und hochwasserfrei erfolgen. Die Sülzemündung in Buckau war durch die Maschinenindustrie bereits belegt. Wenig Anklang fand ein Projekt einer Hafenanlage in Buckau in der Nähe des alten Wasserwerkes. Der Norden der Stadt bot sich an. Der Neustädter Kämmereiwerder zwischen der Neustadt und der Elbe wurde als Standort für gut befunden. Insbesondere lagen in diesem Bereich Gleisanlagen des Bahnhofs Alte Neustadt, die mit einem Hafenanschluss noch größere Bedeutung erlangen konnten. Im Februar 1878 gab die königliche Regierung die Erlaubnis zur Anlage eines Hafens auf dem Neustädter Kämmereiwerder.

Der Magistrat der damals noch selbständigen Neustadt hatte 1884 diese Erlaubnis an die Eisenbahn- und Betriebsgesellschaft „Damm & Wendland“ in Berlin übertragen. Eine Fläche von 100 Morgen (ca. 25 Hektar) wurde auf die Dauer von 99 Jahren zur Anlage und zum Betrieb eines Hafens und zur Errichtung von  Docks, Speichern usw. verpachtet. „Damm & Wendland“ wollte in der Folge eine Aktiengesellschaft ins Leben rufen. Dies gelang nicht. Auch einem eingetretenen Konsortium „Zuckschwerdt & Genossen“ gelang es nicht, das erforderliche Grundkapital einer Aktiengesellschaft zusammenzubringen. Mit der Zustimmung der Stadtverordnetenversammlung am 30.12.1886 machte der damalige Oberbürgermeister der Stadt Magdeburg, Friedrich Bötticher, die Angelegenheit zur Chefsache und die Stadt, übernahm nach Einverleibung der Neustadt die Hafenangelegenheit.

Weitere Verhandlungen führte die Stadt mit der Staatseisenbahn-Verwaltung zwecks Nutzung von Gleisanlagen und Zusatzflächen. So konnten endlich nach zähen und zehnjährigen Verhandlungen mit königlicher Regierungserlaubnis die Ausschachtungsarbeiten für das Hafenbecken ausgeschrieben werden. Inzwischen hatten die Bestrebungen Hamburgs, das Zuckergeschäft an sich zu ziehen, in Magdeburg zu der Überzeugung geführt, dringend zwei Zuckerspeicher mit Gleisanschluss zu bauen. Die Stadtverordnetenversammlung bewilligte dieses Vorhaben mit einer Finanzhilfe auf ihrer Sitzung am 19.01.1888. Im November   1888 und im Februar 1889 wurden daraufhin die noch heute stehenden Speicher A und B dem Verkehr übergeben. Der Speicher B erhält 2017/18 eine Rekonstruktion mit Umnutzung. Sowohl in diesem Punkt, als auch hinsichtlich der übrigen Bauten der Hafenanlage wurden Erfahrungsaustausch und Besichtigungen in 17 deutschen Hafenstädten durchgeführt. Auf dieser Grundlage entstand für die damaligen Verhältnisse einer der modernsten Binnenhäfen Deutschlands. Schuppen, Lagerspeicher und Ladevorrichtungen entsprachen den neuesten technischen Erkenntnissen. So gab es 19 Ladekrane, die um das Hafenbecken aufgestellt und hydraulisch, elektrisch oder mit Dampf betrieben wurden.

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