On Air: Radiogeschichte an der Elbe

Die Magdeburger Besprechungsstelle der Mirag in der heutigen Otto-von-Guericke-Straße. Foto: MDR/Archiv

Drei Mal wurde der Mitteldeutsche Rundfunk im Lauf der Geschichte geschaffen. Am 22. Januar 1924 erfolgte in Leipzig die Gründung der Mitteldeutschen Rundfunk AG, Gesellschaft für Unterhaltung und Belehrung, kurz: Mirag. Nur drei Monate zuvor hatte in Berlin am 29. Oktober um 20 Uhr abends die Sendestelle Voxhaus mit der Ausstrahlung ihres Programms begonnen. Das war die Geburtsstunde regelmäßiger Rundfunkprogramme in Deutschland. Stärker als jeder andere deutsche Sender setzte die Mirag auf Regionalisierung der Programme durch Außenstudios, so genannte „Besprechungsstellen“. Ab 1925 entstanden Besprechungsstellen u. a. in Chemnitz, Dresden, Eisenach, Erfurt, Gera, Jena, Sondershausen, Weimar, Halle und Magdeburg.
 In Magdeburg fand die Mirag-Besprechungsstelle im Haus der „Harmonie" in der heutigen Otto-von-Guericke-Straße ihr Domizil. Das Haus wurde nach dem Zweiten Weltkrieg als Theater genutzt und firmierte als Theater für Junge Zuschauer, später als Freie Kammerspiele. Heute ist dort das Schauspielhaus. In Magdeburg standen auch die Sendeanlagen für einen Gleichstrom-Nebensender, der das Mirag-Programm abstrahlte. Die Elbestadt wurde in den Gründerjahren des Rundfunks zudem wesentlich durch die „Funkstunde" aus Berlin versorgt. Sie hatte in Berlin ihren Haupt- und einen Zwischensender, weitere Zwischensender gab es in Magdeburg und Stettin. Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten im Januar 1933 wurde der deutsche Rundfunk gleichgeschaltet. Aus der Mirag wurde im März 1934 der Reichssender Leipzig. Das Eigenprogramm wurde ab 1940 mehr und mehr eingeschränkt. Schließlich blieben nur noch wenige Zuspielungen zum zentralen Reichsprogramm.
Nach der deutschen Kapitulation am 8. Mai 1945 gab es auch im Rundfunk einen Neubeginn. Am 20. November 1945 wurde in Dresden der neue Mitteldeutsche Rundfunk gegründet.  Am 4. Juni 1946 war Programmbeginn für die neue Sendeanstalt „Mitteldeutscher Rundfunk, Sender Leipzig". Im September sendete der Mitteldeutsche Rundfunk täglich bereits 12 Stunden. Einbezogen wurden die Landessender Dresden und Weimar, später auch Halle und Magdeburg.

Blick in den Raum des Magdeburger Stadtfunks 1953, der seinen Sitz im Gebäude Bei der Stadtwache 4 hatte. Foto: Stadtarchiv Magdeburg

Im Herbst 1945 erließ die Sowjetische Militäradministration in Deutschland (SMAD) den Befehl 113, der die Einrichtung eines Landessenders für Sachsen-Anhalt forderte. Am 1. März 1946 wurde von der Deutschen Verwaltung für Volksbildung Berlin die Errichtung eines Funkhauses in Halle verfügt. Am 24. Dezember 1946 sendete das Funkhaus Halle das erste Eigenprogramm. Genutzt wurde dafür der 1946 fertig gestellte Mittelwellensender Bernburg, der den altersschwachen Gleichwellensender Magdeburg abgelöst hatte. Ein einstündiges Morgenprogramm, eine Mittagssendung mit vorwiegend Kammermusik, Kinderfunk am Nachmittag und ein Abendprogramm mit starkem Hörspielanteil sowie der „Funkspiegel“ als aktuelles Magazin gehörten zu den ersten Angeboten. Der Landessender Halle gehörte wie die Landessender Dresden und Weimar zum Mitteldeutschen Rundfunk Leipzig und lieferte außer dem Eigenprogramm auch Beiträge für das zentrale Leipziger Programm zu. Als Außenstelle einbezogen war das Rundfunkstudio Magdeburg, das am 5. Mai 1947 in der Otto-von-Guericke-Straße 56 in einer Drei-Zimmer-Wohnung eröffnet worden war.
Am 14. September 1952 endete die Geschichte des Mitteldeutschen Rundfunks zum zweiten Mal. Mit der Auflösung der Länder erfolgte die Zentralisierung des DDR-Rundfunks in Berlin, wo für die gesamte Republik drei Ganztagsprogramme produziert wurden. Klangkörper und ein erheblicher Teil der Hörspiel-und Musikproduktion verblieben jedoch in Leipzig. Sendungen, Leitung und bis auf zwei Techniker alle Mitarbeiter des Studios Halle mussten im Mai 1955 nach Magdeburg übersiedeln. Für kurze Zeit, denn ab 1956 gehörten die Studios in Magdeburg und Halle zum Funkhaus Leipzig. Damit war eine bewährte Struktur wiederhergestellt, wenn auch unter anderem Namen. In Magdeburg und Halle offerierte die „Elbe-Saale-Welle“ ein interessantes, zunächst gemeinsam produziertes aktuelles Morgenprogramm. Aber Erwartungen und Ansprüche der Hörer an die Berichterstattung aus der Region waren stets größer, als es die beiden technisch und redaktionell schlecht ausgestatteten Studios leisten konnten.
Nach dem Zusammenbruch der DDR ging in Leipzig am 1. Juli 1990 Sachsen Radio auf Sendung. In Halle und Magdeburg nahm Radio Sachsen-Anhalt schrittweise den Sendebetrieb mit einem 24-Stunden-Vollprogramm (bei Übernahme des gemeinsamen ARD-Nachtprogramms) auf. Wenige Tage zuvor, zwischen dem 18. und 30. Juni, wurde in aller Eile eine Konzeption entwickelt, um ab dem 1. Juli die Hörer auf dem Weg in die Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zu begleiten. Täglich waren Reporter mit dem Ü-Wagen im Sendegebiet unterwegs, damit zusammenwächst, was zusammengehört. Die Schwierigkeiten waren enorm. Schnellstens musste eine eigene Nachrichtenredaktion für Welt -, Deutschland- und Regionalnachrichten gebildet und mit fachkundigen Redakteuren besetzt werden. Anfangs stand dafür in Magdeburg lediglich eine einzige Fernschreibleitung zur Verfügung. Ob Reporter, Moderatoren, Redakteure, Schnittplätze, Musikarchiv – es mangelte an allem. Bloß eines gab es im Überfluss: den riesengroßen Enthusiasmus, alles Talent für ein gutes Programm zu geben. Das einst von der Elbe-Saale-Welle gemeinsam gestaltete Frühmagazin „RSA am Morgen“ wurde nun jeweils eigenständig für Halle und Magdeburg produziert. Radio Sachsen-Anhalt erarbeitete sich zunehmende Akzeptanz und gewann in den 18 Monaten seiner Existenz eine umfangreiche Stammhörerschaft.
Aus den Programmen des Deutschen Fernsehfunks DFF 1 und DFF 2 entstand am 15.12.1990 die DFF-Länderkette. Das Programm wurde von der Zentrale im Adlershof und den Landessendern Halle, Rostock, Dresden, Gera und Adlershof (für Potsdam) gestaltet. Die Landessender hatten schon zuvor 30-minütige Fensterprogramme innerhalb von DFF 1. Bis Ende 1991 erfolgte die endgültige „Abwicklung" des gemäß Paragraph 36 im Einigungsvertrag als „Einrichtung" bezeichneten DDR-Rundfunks. Schon am 30. Mai war mit der Unterzeichnung des Staatsvertrages in Erfurt der Mitteldeutsche Rundfunk zum dritten Mal gegründet worden.

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