O(hne) Tannenbaum - Hengstmanns andere Seite

Laut statistischem Bundesamt gibt es in Deutschland über 40 Millionen Haushalte. 40 Millionen Haushalte ganz unterschiedlicher Gestaltung. Es gibt Haushalte, da wohnen Vater, Mutter und Kinder. Dann gibt es Haushalte, da wohnen Vater, Mutter und Kind.

Wiederum aber gibt es auch Haushalte, da wohnen Vater, Mutter und Hund! Diese spezifisch „tierische“ Haushaltsform hat laut Bundesamt überproportional zugenommen. Die Information heißt im Klartext: In Deutschland werden einfach zu wenig Kinder geboren. Das aber bedeutet im Umkehrschluss, die Hundefutterindustrie boomt. Und das in einem Land, wo Junge weniger und Alte mehr werden. Solange in deutschen Haushalten mehr Gebell als Kinderlachen zu hören ist, muss man sich um den Fortbestand der Deutschen Sorgen machen.

In bestimmten Kreisen nennt man dieses, also mehr Hund als Kind, „Familienplanung“. Zuerst denkt man an einen guten Job, der weit vor dem Kinderwunsch rangiert. Die Deutschen wollen aber auf den Akt, in dem Kinder entstehen könnten, nicht verzichten. Der deutsche Mann pumpt sich mit potenzsteigernden Mitteln voll. Die deutsche Frau hebelt die Wirkung mit kleinen blauen Rhombustablettchen wieder aus. Aus meiner Sicht sollte man das nicht Familienplanung, sondern einen pränatalen Genozid nennen. Viele dieser Familienplaner sagen doch in der Öffentlichkeit: „Ja schon! Kinder machen ein Haus doch erst hell und freundlich! Aber nur weil sie überall das Licht brennen lassen!“ Wer so argumentiert, hat zwar den Schalk im Nacken aber auch keine Grütze im Kopf.

Was wäre eine Welt ohne Kinder? Trostlos! Aber vor allem was wäre Weihnachten ohne Kinder? Noch trostloser! Da sitzen dann die Familienplaner an Heiligabend nach reichlicher Beschenkung in der hochwertigen Wohnzimmersitzgruppe und glotzen auf den Fernseher. Sie schauen sich zum x-ten Mal den herzzerreißenden Film: „Der kleine Lord“ an. Besonders berührende Szenen können sie auswendig. Und dann beim Showdown, wenn der alte Lord den jungen Lord in seine Arme schließt, heulen beide Rotz und Wasser. Und genau in diesem Moment bricht bei ihnen die Sehnsucht nach einem Kinderwunsch aus. Aber eben nur für einen kurzen Augenblick. Dann wird Gänsebraten gespachtelt. Gesättigt vom opulenten Mahl stellt sich plötzlich eine gewisse weihnachtliche Müdigkeit ein. Diese Müdigkeit wird durch einen markerschütternden Schrei von ihr torpediert: „Schatz! Wir haben gar keinen Weihnachtsbaum!“ Er bemerkt genervt, dass so ein Weihnachtsbaum doch nur etwas für leuchtende Kinderaugen sei und fragt: „Und? Haben wir Kinder?“ Dann weist er noch darauf hin, dass man ohne Weihnachtsbaum etwas für den Klimaschutz tue. Bei über 40 Millionen Haushalten müssten jedes Jahr ebenso viele Bäume im Wohnzimmer vertrocknen.

Dem deutschen Wald ging es noch nie so schlecht wie in diesen Zeiten. Dann schraubt er alle seine grauen Zellen zusammen und verkündet, dass die, die sich einen Weihnachtsbaum hinstellen wollen, in den maroden deutschen Wald gehen, sich einen bereits abgestorbenen Baum aussuchen und sich zum Fest ins Zimmer stellen sollten. Man könnte die Borkenkäfer bunt anmalen und spart gleichzeitig noch den Strom für die Weihnachtsbaumbeleuchtung.

Plötzlich erhellt sich ihr Gesicht und sie sagt zu ihm: „Schatz! Ich habe da noch ein Weihnachtsgeschenk für dich!“ Vor seinen staunenden Augen zerreißt sie das Rezept für die neue Packung der Antibabypille und wirft seine Packung Viagra in die Tonne für Sondermüll. Mit einem sehr süffisanten Blick schaut sie ihn an und sagt: „Komm! Lass uns ins Bett gehen.“

Vielleicht steht ja im nächsten Jahr doch ein Weihnachtsbaum im Wohnzimmer und lässt dann glückliche Kinderaugen erstrahlen. Allen, die so etwas ins Kalkül ziehen, wünsche ich, je nach Konfession ein gesegnetes oder ein frohes Weihnachtsfest. Frank Hengstmann

Zurück