Offene Lernangebote für Erwachsene

Ralf Liebe, Leiter der VHS

Beim Blick auf das Thema Erwachsenenbildung kommt man an einer Institution wohl nicht vorbei: die Volkshochschule (VHS). Die ersten gemeinnützigen Einrichtungen zur Erwachsenen- und Weiterbildung entstanden bereits vor 1900 im Deutschen Reich. Ein Großteil der Gründungen erfolgte jedoch nach dem Ende des Ersten Weltkriegs, mit dem Ziel, breite Bevölkerungsschichten besser zu bilden. Auch in Magdeburg wurde 1919 eine Volkshochschule gegründet und „bis auf eine kurze Schließung während der NS-Zeit bildete die Institution eine Konstante in der Bildungslandschaft“, sagt der Leiter der Städtischen Volkshochschule, Ralf Liebe. Derzeit sorgen 11 hauptamtliche Mitarbeiter sowie 280 Dozenten auf Honorarbasis für ein vielfältiges Angebot.
Das Grundkonstrukt habe sich in den vergangenen Jahrzehnten nicht grundlegend verändert, inhaltlich wurde jedoch immer wieder nachgebessert. „Das liegt einfach an der Nachfrage“, meint Ralf Liebe. „In den 1920er Jahren war der Wissensdurst enorm, die Menschen verspürten einen hohen Nachholbedarf in Sachen Bildung – da wurden beispielsweise regelmäßig Vorträge in der Ulrichskirche gehalten und das Interesse daran war sehr groß.“ Nach Ansicht des VHS-Leiters war besonders nach Zeiten des Umbruchs der Bildungsbedarf und der Wunsch nach Neuorientierung vorhanden. „Und je nach Bedarf wurden dann die Schwerpunkte anders gesetzt.“
„Früher war beispielsweise das Nachholen von Schulabschlüssen ein Kernbereich der VHS“, erläutert die Stellvertreterin des Leiters, Dörte Neßler. „Damit werden wir heute noch in Verbindung gebracht, aber unser Augenmerk liegt seit der Wende nicht mehr darauf.“ Das Angebot der Städtischen Volkshochschule ist vielfältig und reicht von der Grundbildung über Sprachkurse bis zum Kreativbereich. Auch hier gilt es, nach Ansicht der Leitung, Trends zu beachten, um so ein attraktives Programm zu schaffen. „Anfängerkurse in Englisch sind heute weniger gefragt, auch der Boom bei skandinavischen Sprachen hat nachgelassen, derzeit spielt Arabisch eine größere Rolle.“, schildert Dörte Neßler. Im Bereich Gesundheit gäbe es seit einigen Jahren eine steigende Nachfrage nach Work-Life-Balance-Themen.
„Und auch im Bereich Beruf und Karriere findet ein stetiger Wandel statt. So sind Computer-Grundkurse nicht mehr von so großer Bedeutung wie noch Ende der 1990er Jahre“, erklärt Ralf Liebe. Stattdessen spielt die Digitalisierung in der Arbeitswelt eine wichtige Rolle. Erstmals bietet die VHS in Kooperation mit anderen Institutionen daher ab März 2017 Webinare (u.a. für Finanzbuchführung) an – ein Kurs, der via Internet gehalten wird und so flexibleres Arbeiten ermöglicht; einzige Voraussetzung: ein Rechner mit stabiler Internetverbindung und aktuellem Browser.
Ein Bereich, der den Verantwortlichen der Städtischen Volkshochschule besonders am Herzen liegt, ist die Grundausbildung. So richtet sich die „Schreibstube“ beispielsweise an Erwachsene, die nicht so gut lesen und schreiben können. Den Betroffenen soll nicht nur Mut gemacht werden, sie erhalten auch Hilfe beim Ausfüllen von Formularen und Anträgen. Die „Lernwerkstatt“ wartet mit vielfältigen Lernangeboten und Selbstlernmaterialien auf, wobei der Lernende selbst bestimmen kann, was, wann und wie gelernt wird. „Wir bieten in diesem Rahmen individuelle Beratung und pädagogische Lernbegleitung – egal, ob es darum geht, Schreiben zu üben, für die Führerscheinprüfung zu lernen oder die Deutschkenntnisse zu erweitern. Zwölf Personen sind derzeit zu diesem Zweck im Einsatz. Und dank der Förderung durch den Europäischen Sozialfonds sind diese Angebote kostenlos“, erklärt der Leiter der VHS. Bereits im Frühjahr 2015 wurde die „Lernwerkstatt“ ins Leben gerufen. Seitdem nutzten mehr als 1.600 Besucher dieses Angebot. (th)

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