Moritz Schultze: Fusionierer der Privatbanken

Moritz Schultze (geb. 1860 Magdeburg, gest. 1946 Lindow/Mark) war der Sohn von Gustav Schultze, dem Mitinhaber der Firma Schultze & Schäle Bankgeschäft in Magdeburg. Er besuchte die höhere Gewerbeschule (Realschule) in Magdeburg und absolvierte von 1877 bis 1880 eine kaufmännische Lehre bei Werner Fritze in dessen Firma Friedrich Fritze & Sohn. Nach einer kurzen Anstellung bei Christoph Wilhelm Otto Hubbe folgten Auslandstätigkeiten in Bordeaux und Madrid, wo er überwiegend auf dem Gebiet des Übersee-Kommissionsgeschäftes arbeitete. 1883 wechselte er nach Berlin zur Deutschen Bank, in deren englischer Filiale er seit 1885 tätig war. 1890 wurde Moritz Schultze an die Spitze der von Carl Deneke initiierten, 1856 gegründeten, Magdeburger Privatbank berufen, als diese auf ihr Notenbankprivileg verzichtete. Unter seiner Leitung erlebte die Magdeburger, seit 1909 als Mitteldeutsche Privatbank firmierende, Bank eine beständige Aufwärtsentwicklung. Schultze erwirkte zunächst Bankbeteiligungen bzw. Übernahmen kleinerer Geldinstitute und eröffnete Filialen und Depositenkassen. In den folgenden Jahren setzten sich die Fusionen zahlreich fort. Neben mehreren alten Traditionshäusern wurden die Nordhäuser Bank AG (1905), der Sangerhäuser Bankverein (1906), die Creditbank AG Eisenach (1907) und als bedeu-tendster Zuwachs der Dresdner Bankverein (1909) von der Mitteldeutschen Privatbank übernommen, die somit ihren Wirkungskreis auch auf das Königreich Sachsen ausdehnen konnte. Zur Pflege des Bankgeschäfts in Thüringen und Hessen wurde mit Aktienmehrheit maßgeblich an der Gründung der Thüringischen Landesbank und des Hessischen Bankvereins mitgewirkt. Damit stellte Schultze der Magdeburger Wirtschaft eine der stärksten Banken im mitteldeutschen Wirtschaftsraum an die Seite, die ihr Aktienkapital während der Jahre zwischen 1894 und 1911 von 6 auf 60 Millionen RM erhöhte, ihren Umsatz auf das Vierzigfache steigerte (von 200 Millionen auf mehr als acht Milliarden RM), im Wertpapiergeschäft eine führende Rolle am mitteldeutschen Kuxenmarkt einnahm und über ein umfangreiches Filialnetz (1915 bereits 75 Niederlassungen) verfügte. Die 1920 erreichte Größe der Bank verlangte von Schultze eine Entscheidung zur weiteren Entwicklung. Ein Emporstreben zur Großbank schien sehr schwierig und zeitraubend, weshalb Schultze auf das Fusionsangebot der 1870 in Hamburg gegründeten Commerz- und Disconto-Bank einging. Rückwirkend zum 01. 01. 1919 ging die Magdeburger Privatbank AG in der nunmehrigen Commerz- und Privat-Bank AG auf, in deren Vorstand Schultze gewählt wurde. 1931 wechselte Schultze, der bei der Finanzierung der Zuckerindustrie eine maßgebende Rolle spielte, in den Aufsichtsrat dieser Berliner Großbank, in dem er bis zum Tod Anfang 1946 tätig blieb. Darüber hinaus war er Mitglied des Aufsichtsrates zahlreicher Gesellschaften, besonders von Banken und Unternehmen der Zucker-, Kali-, Chemie- und Maschinenbauindustrie.
Quelle: Otto-von-Guericke-Universität
Autor: Horst-Günther Heinicke

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