Hengstmanns andere Seite: Familie „Bande“

Einst sprach man von der kleinsten Zelle der Gesellschaft. Eine Familie! Mutter, Vater und Kind. Manchmal sogar zwei. Also Kinder. Bei drei oder noch mehr Kindern sprach man von einer kinderreichen Familie. Das hatte manchen Vorteil. Solche Familien wurden bevorzugt behandelt, wenn sie beim IFA-Vertrieb eine Anmeldung auf einen „Barkas“ hatten. Aber eine vielköpfige Lebensgemeinschaft kämpfte auch kollektiv in der Abteilung „Wohnraumlenkung“ um eine adäquate Anzahl von Wohnbereichsmöglichkeiten, also Zimmer. Doch diese mehrkindlichen Wohnungen gab es fast nur in vom Wohnungsbauprogramm erschaffenen Neubauten. Wir erinnern uns: Der Kampf um eine Neubauwohnung glich der Völkerschlacht bei Leipzig. War man im Vergabeplan, fühlte man sich wie Blücher und Wellington in einer Person.

Ja, so war das eben damals, als man über die Familie sagte, sie sei die kleinste Zelle der Gesellschaft. Nun ist es unbestritten, dass es heute auch eine Gesellschaft gibt. Doch die Familie, wenn es noch eine gibt, hat sich in den Wandelgängen des Strebens nach erfolgreicher Karriere, pekuniärer Sicherheit und zeitlicher Unabhängigkeit irgendwie verlaufen. Hieß es früher Vater, Mutter Kind, sagt man heute: Vater, Mutter, Hund! Wahrscheinlich ist hierbei ursächlich, dass Hundefutter nur mit sieben Prozent Mehrwertsteuer belegt ist. Babykost dagegen aber mit 19 Prozent. Diesen gedanklichen Ansatz des deutschen Fiskus kann ich mir nur so erklären: Kinder sind eben „mehr Wert“ als Hunde. Deshalb die 19 Prozent! Das nenne ich Humanismus in allerhöchster Potenz. Und Gassi gehen ist wahrscheinlich nicht so anstrengend wie Kinderwagen schieben.

Das Wort „Familienplanung“ steht in einer konträren Lebensauffassung. Kann man eine Familie planen? Viele erinnert das an den Terminus „Planwirtschaft“, obwohl die Meisten die Planwirtschaft aus Altersgründen überhaupt nicht mehr erlebt haben. Aber es wird trotzdem geplant. Kinder planen? Das ist zumindest human ästhetisch sehr fragwürdig. Eine sich mehr etablierende Abkürzung lautet: KVK! Karriere vor Kindern. Diese Vorgehensweise hat leider den gerontologischen Nebeneffekt: Zum Beispiel alte Väter. Leicht ironisch könnte man dazu bemerken: Die Väter heutzutage sind schon so alt, sie machen sich quasi ihre Enkelkinder selbst.

Egal, ob nun Kinder oder Enkel. Hauptsache Kinder! Laut Statistik hat eines der reichsten Länder der Welt, also Deutschland, die niedrigste Geburtenrate in Europa. Die Deutsche Frau bringt statistisch nur 1,5 Kinder zur Welt. Dieser Fakt bringt den Deutschen Staat immer wieder in finanzielle Turbulenzen. Der Staat muss nun Krippen, Kitas und Schulen für halbe Kinder bauen. Eine andere Statistik artikuliert: In Deutschland gibt es die höchste Zahl an Ehescheidungen. Hier beißt sich der Hund – mit dem man lieber Gassi geht – in den Schwanz. Statistisch! Wenig Kinder und viele Scheidungen. Ich frage mich, warum hat die Gesellschaft für Deutsche Sprache noch nie das Wort „Alleinerziehende“ zum Unwort des Jahres gekürt? Besser allein erzogen als gar nicht!

Die erste Frage, die ein Arbeitgeber der oder dem potenziellen Bewerber auf eine unbefristete Arbeitsstelle stellt, ist nicht die nach der Qualifikation, sondern: Haben sie Kinder? Und wenn dann noch ans Tageslicht kommt, dass man alleinerziehend ist, dann ist die Chance, diese Stelle zu bekommen, weit, sehr weit unter dem Faktor Null! Irgendjemand sagte einmal: Kinder sind unser kostbarstes Gut! Ja, aber nur weil sie so viel kosten. Kinder wachsen eben. Raus aus den Kinderschuhen. Raus aus den Klamotten. Was wäre die Bekleidungsindustrie ohne Kinder? Wahrscheinlich pleite! Ich weiß, es klingt jetzt sehr plakativ, aber die Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen will vom Bundesfinanzminister Olaf Scholz die Kleinigkeit von zwölf Milliarden Euro mehr für die Bundeswehr. Uschi will mit diesem Geld die Bundeswehr familienfreundlicher gestalten. Wie in Gottes Namen soll das funktionieren? Kinder in die Panzer! Oh! Habe ich mich jetzt inhaltlich ein wenig verrannt? Kann sein. Aber würde man diese zwölf Milliarden für Familien mit Kindern ausgeben … ich würde noch 100 Euro oben drauf packen. Und wenn das alle Menschen der Bundesrepublik Deutschland machen würden! Dann bekäme das Wort Kinderwagen, also ich meine jetzt „Kinder wagen“ eine völlig neue Bedeutung. Und wenn sie heute Abend zusammen ins Ehebett steigen. Bitte nicht planen! Einfach machen!

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