Der Sommer – immer anders als erwartet

Der Sommer rauscht wieder mit großem Enttäuschungseffekt auf mich zu. Ich erhoffe mir ja doch jedes Jahr einen Sommer, der es in sich hat. Aber was wäre der Mensch ohne Erwartungen? Das Erlebnis schlechthin sollte es sein und das, obwohl sich der Sommer dieses Jahr bei mir mal nicht nur mit Lesen und eventueller Arbeit an meinen Büchern füllt, sondern mit Abwechslung und Ausflügen verbunden ist. Trotz alldem hatte ich noch nicht das Gefühl, dass meine inneren Erwartungen gestillt würden.
Allein das Wetter ist dieses Jahr schon sehr ernüchternd. Übers Wetter muss man reden. Da ist nie etwas Rechtes dran. Das ständige Hin und Her geht einem irgendwann auf die Nerven. Da war ich den einen Tag noch mit kurzen Klamotten unterwegs und konnte ein viel zu teures Eis genießen und am nächsten Tag stehe ich dann im strömenden Regen und frage mich, wo ich die Wintersachen verstaut habe.  
Trotz wechsellaunigen Wetters versuche ich, meine Tage gut zu nutzen. Jeder einzelne sollte eine Einmaligkeit werden. Vielleicht nur mit Freunden zusammen sitzen und Musik hören. Da hätte ich schon mehr erlebt, als Zuhause nur auf der faulen Haut zu liegen.
Die Träume für diesen Sommer sind wohl höher gestellt als sonst, da ich älter werde und den Wert einzelner Dinge erkenne. Dazu gehören nicht nur meine schon große Bibliothek, sondern Werte wie Freundschaft, Zusammenhalt, Ehrlichkeit, Liebe und körperliche Zuneigung. Jeden Tag lernt man etwas Neues dazu und das sogar trotz der Tatsache, dass die Schule pausiert.
Zum Beispiel weiß ich jetzt, dass Züge zwar Fenster besitzen, die sich öffnen lassen, wäre da nicht dieses ziemlich sinnlose Schild: ,,Fenster nicht öffnen!“. Oder aber, dass es trotz strengem Rauchverbot Aschenbecher im Zug gibt. In diesem Sommer habe ich mehr Städte besucht als in den Lebensjahren zuvor. Was mich jetzt, wenn ich darüber nachdenke, irgendwie traurig stimmt.
Am besten gefiel mir bis jetzt Berlin. Da hatte ich noch genug Geld in der Tasche. Das ist jetzt leider vorbei. Die Regenbogen-Flaggen habe ich bestaunt, die überall in Berlin für die Ehe für alle im Wind flatterten. Das wurde nun wirklich mal Zeit. Also weiter mit den Sommer-Werten, die nicht am Materiellen hängen. Deswegen war ich beispielsweise spontan nach Halle gereist. Und die Fahrt war besser als erwartet. Eine Freundin besuchte ich. Sonst gab es keinen Plan. Doch die Tatsache, dass mich meine Freundin den halben Tag treu begleitete, war wie ein Geschenk. Was wünscht man sich mehr?
Okay, vielleicht wünscht man sich schönes Wetter. Warum eigentlich? Oder muss man sich über den Preis einer Eiskugel aufregen, wenn es doch um den Genuss und die Erfrischung sowie die Tatsache geht, mit wem man es gemeinsam aß? Muss man wirklich jeden Tag allein Zuhause rumliegen und die Nase in Bücher stecken, nur weil man kein Idee hat, was man anderes machen wollte?
Ich bin zum Entschluss gekommen, dass Spontanität tatsächlich viele Türen öffnet. Es geschehen Dinge, an die war vorher nicht zu denken. Jeder Mensch träumt sich einen Sommer. Jeder möchte, dass es schön wird. Wahrscheinlich muss man sich dafür einfach hinaustrauen.
Auch wenn ich versuche, diesen Sommer zu genießen, habe ich die wichtigen Angelegenheiten im Hinterkopf. Die Schule zum Beispiel und deren weiteren Verlauf. Ich nutze den Sommer nicht nur für Spaß und Bewegung, sondern vor allem um weiteres Wissen zu sammeln. Vielleicht, aber auch nur vielleicht, erlebe ich diesen Sommer noch das Erlebnis schlechthin. Jahreszeit und Ferien sind ja noch lange nicht zu Ende. Also schaue ich weiter, was der Sommer noch bringt, lasse mich von ihm überraschen und von mir selbst. Vielleicht zeigt sich sogar die Sonne noch öfter.
Sommer hin, Sommer her – es ist und bleibt nur eine Frist zwischen Frühling und Herbst. Wichtiger ist es, eigene Entscheidungen zu fällen, was wir in dieser Zeit anstellen. Angelina-Sophy Möller (15 Jahre)

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