Wer schützt vor solchen Gesetzen?

Gesetze sollen etwas regeln, Klarheit und Rechtssicherheit schaffen. Die neue Datenschutz-Grundverordnung ist von allem das Gegenteil und der Jubel über ausbleibende Abmahmungen zu früh.

Die Tagesschau verkündete am 24. August, dass nach drei Monaten seit Inkrafttreten der Datenschutz-Grundverordnung der EU (DSGVO) die befürchtete Abmahnwelle ausgeblieben sei. Das verkauft man als Erfolg, ohne auf die eigentlichen Gründe zu schauen. Nach wie vor ist das Regelwerk ein undurchschaubares Monster mit enormen bürokratischen Aufwendungen. Für Verbraucher, Unternehmen, Vereine und selbst für öffentliche Institutionen besteht nach wie vor Unsicherheit über Auslegung, Handhabung und Folgen. Und genau das ist auch der Grund, warum die sogenannten „Abmahnratten“ noch nicht zugeschlagen haben. Werden die ersten rechtlichen Streitfragen vor Gericht geklärt sein – und so etwas dauert bekanntlich länger als drei Monate –, kommen die Abmahnungen sicher doch noch. Letztlich gilt nämlich stets der Rechtsgrundsatz: Unwissenheit schützt vor Strafe nicht.

Aus Angst vor rechtlichen Folgen werden wichtige Informationen für Kunden zurückgehalten und nicht verschickt. Es ist in Einzelfällen nach wie vor unklar, wie mit der ordnungsgemäßen Speicherung von Daten umzugehen ist, wer wodurch haftbar gemacht werden kann und welche Folgen daraus für Unternehmen oder Vereine resultieren können.

Bereits 2016 trat eine neue Wohnimmobilienkreditrichtlinie mit einem enormen Verwaltungsaufwand für Nachweise, Belehrungspflichten und Bonitätsprüfungen in Kraft. Darauf packt die Politik nun noch die neue Datenschutz-Grundverordnung. Im Bundestag mag man sich in einigen Sitzungen und Diskussionen mit den Gesetzestexten befassen, wie die täglichen Belastungen am Ende für Menschen aussehen, die damit beruflich umgehen müssen, fühlt ein Abgeordneter nicht mehr.

Man weiß ja, dass Recht stets der Wirklichkeit hinterherhinkt. Bei der DSGVO wird diese Diskrepanz besonders augenfällig. Hier glaubt der Gesetzgeber die persönlichen Daten der Bürger schützen zu wollen, obwohl diese in der Realität längst durch die Vernetzung und das Online-Verhalten in allen Lebensbereichen preisgegeben sind. Online-Dienst – ob Standortbestimmungen, Einkaufsverhalten, Suchanfragen werden bei den Anbietern genauso gespeichert wie zuvor. Vielleicht musste man dafür irgendwo ein Häkchen mehr machen, aber die Daten umkreisen weiter die Welt und wir beschreiben dafür neue Papierberge über die Einhaltung der Datenvorschriften. Zukunftsfähig sind weniger die rechtlichen Vorschriften, dafür aber das Schildbürgertum. Wer schützt uns Bürger eigentlich vor solchen Gesetzen? Matthias Kühne

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