Verstandesamt: Volksverlustangst

Es wird in Deutschland viel über vorherrschende Ängste geredet. Eine weit verbreitete Angststörung ist der Komplex der so genannten Verlustängste. Bisher nahm man an, dass sich ein Verlust vorrangig auf bindungsnahe Personen oder persönliche Gegenstände bezog. Mit der Bundestagswahl am 24. September offenbarte sich allerdings eine völlig neue Qualität solcher Verlustängste. Schon im Wahlkampf hatte die AfD auf Plakaten die Losung „Hol dir dein Land zurück“ verbreitet. Damit war dem Verstandesamt erstmals ein Anfangsverdacht über eine mögliche Angststörung bekannt geworden. Am Wahlabend bekam die Phobie dann tatsächlich ein Gesicht. Alexander Gauland hat offenbar nicht nur – wie dessen Partei plakatierte – das Land verloren, sondern sogar das Volk. Das möchte er sich nun zurückholen. Unklar ist derzeit vor allem, wo und wann ihm Land und Volk verloren gegangen sein sollen. Zeit und Ort seiner Verlustregistrierung müssen nun verstandesamtlich untersucht werden. Dass einem das ganze Volk abhanden kommen könnte, wäre noch aus der Innensicht eines Monarchen vereinbar, der vom Volk verjagt wurde. Da im Fall Gauland ein solcher Grund ausgeschlossen werden kann, sollte man vermuten, das bei ihm eine irrige Eigentumsvorstellung über die im Land wohnenden Menschen herrscht. Eigentum an Bürgern eines Staates könnte man maximal in Sklavenhaltergesellschaften suchen oder im Begriff des Volkseigentums sozialistischer Prägung. Das Verstandesamt wird eine intensive Begutachtung vornehmen. Es ist zu vermuten, dass Land- und Volksverluste nicht die einzigen psychischen Ängste sind, die den Politiker plagen. Als therapeutische Hilfe verordnet das Verstandesamt lange Spaziergänge durch deutsche Fußgänger- und Einkaufspassagen. Die Konfrontation mit viel Volk könnte helfen, die Störung zu beseitigen. Es sei denn, Herr Gauland sucht ein ganz anderes Volk. Denn welches er sich zurückholen wollte, hat er noch nicht näher bezeichnet. i. A. Knüllig-Dingeldeu, Verstandesamtsrat

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