Salongeflüster: Ausgeflogen

Manchmal habe ich frei und will natürlich auch was unternehmen. Das stimmt natürlich nicht, denn ich will nicht, ich muss. Wenn es nach mir ginge, dann würde ich ereignisarm in einem großen Sessel herumlungern. Je nach Wetterlage wahlweise im Wohnzimmer oder auf dem Balkon. Aber das geht natürlich nicht, denn Freizeit ist anstrengender als jeder Job, sonst gewöhnt man sich ja noch an dieses gemütliche Sitzen und ist wirklich erholt. Besser aber ist, sich so zu verausgaben, dass man sich umgehend wieder nach der Arbeit sehnt, weil es dort einfach gemütlicher zugeht. Und daher gibt es eine Familie, die keine Ruhe zulässt. Man könnte doch im Harz über diese immer noch ziemlich neue Hängebrücke laufen. Kann man machen. Wenn man einen Parkplatz findet, was man aber nicht tut, weil alle suchen, und es sind eben keine da. Hat man einen gefunden, läuft man einen knappen Tagesmarsch bis zu der Brücke, die so vor sich hinschwankt, dass man nervös wird. Dann läuft man rüber, wenn man sich traut, was aber jeder tut, da niemand als der Mensch mit Höhenangst erkannt werden will, der er aber eigentlich ist. Jeder Schritt ist eine Qual, und man ist froh, dass man es geschafft hat, nur um dann festzustellen, dass das Auto dadurch aber noch weiter entfernt und der letzte Bus gerade weg ist. Zwei Tage später findet man die Stelle wieder, wo das Auto eigentlich gestanden hatte. Es wurde aber wegen Falschparkens abgeschleppt und befindet sich jetzt in Wernigerode. Nach einer mehrtägigen Wanderung durch den Harz kommt man endlich durchgefroren und verhungert in Werningerode an. Das hat ein N zuviel und das Auto befindet sich noch weiter weg als vorher. Ich versuche, meine Familie zu töten, schlafe dabei aber vor Erschöpfung ein. Ich wache zuhause in einem Sessel auf und stelle erleichtert fest, dass alles nur ein Traum war. In diesem Moment kommt meine Frau dazu und schlägt vor, einen Ausflug in den Harz zu machen. Wir leben jetzt getrennt. In diesem Sinne: Der Nächste bitte.

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