Mit oder ohne ...

Schon eine Weile hatte ich meine ehemalige Arbeitskollegin Anna und ihren Mann nicht besucht. Die beiden sind zu beschäftigt, seitdem sie sich einen Vierbeiner zugelegt haben. Momentan ist das Hündchen noch ein kleines, flauschiges Knäuel, das jeden um seinen Finger wickeln könnte, wenn es denn einen hätte. Ist er nicht süüüß??? Mit derlei Kommentaren versehen, schickte mir Anna fast täglich Fotos des Kleinen auf mein Smartphone, um jedes Stadium seiner Entwicklung zu dokumentieren. So, wie das moderne Eltern mit ihren Babys machen, damit Verwandtschaft, Freunde und Bekannte erfahren, wie die neue Sorte des veganen Breis schmeckt oder wann der Nachwuchs es endlich aufs Töpfchen geschafft hat. Nach ein paar Wochen hatte sich das Hündchen offenbar im neuen Zuhause eingewöhnt, denn ich wurde eingeladen, die drei abends zu besuchen. Bevor ich die Wohnung überhaupt betreten konnte, empfing mich Alexander bereits und instruierte mich nach einer kurzen Begrüßung, wie ich mich in Gegenwart des flauschigen Knäuels zu verhalten habe. Im selben Atemzug zählte er auf, dass der Hund in diesem Alter noch keine Treppen laufen sollte und was er alles nicht essen darf. Auch noch wählerisch, dachte ich, verkniff mir aber den Kommentar, da ich befürchtete, Alex könnte – ähnlich wie Eltern in Bezug auf ihren Nachwuchs – seinen Humor verloren haben. Dann berichtete er mir stolz, wie gut „Sitz“ schon funktioniert. Mit fester, kräftiger Stimme brachte er das Kommando hervor, sodass ich mir unsicher war, wie ich darauf reagieren sollte. „Bestimmend, aber liebevoll muss die Kommunikation mit dem Hund erfolgen.“ Alex klang, als würde er einen Ratgeber zitieren … Ein paar Minuten später standen wir im Wohnzimmer – Anna und Alex mit stolzem Gesichtsausdruck, während das Hündchen freudig um meine Beine streifte und immer wieder an mir emporzuspringen versuchte. „Sitz!“ Keine Reaktion. Noch einmal, mit schärferem Ton. Dasselbe Ergebnis. Abwechselnd erteilten die beiden nun Kommandos, doch der gewünschte Erfolg blieb aus und schnell war klar, wer hier die „Hosen“ anhat … Leonie Felix

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