Meine Ex sagt...

… Männer würden sich immer aus der Verantwortung stehlen. In vielen Bereichen der Beziehung müssten Frauen nach wie vor die Hauptlast tragen. Ob es um die Kinderbetreuung, den Haushalt mit Reinungsarbeiten oder Wäsche, die Essenszubereitung oder den Einkauf ginge, ein Mann legte doch allzu gern die Beine hoch und lässt sich von vorn bis hinten bedienen. Das sei bestimmt auch einer der Hauptgründe, warum sich viele Frauen trennen würden, meinte ich. Na klar, warf sie ein, wenn frau ohnehin alles alleine machen müsste, könne sie sich auch eines nutzlosen Parasiten entledigen. Ich fühlte mich sehr schlecht unter ihren Vorwürfen und fragte sie, ob sie mich einst genauso wahrgenommen hätte. Ich solle das nicht persönlich nehmen, natürlich hätte sie gar nicht mich gemeint. Ihre Schilderung würde sich vielmehr auf andere Erfahrungen stützen, insbesondere die Berichte von ihren Freundinnen. Ob sie nicht den Eindruck hätte, dass innerhalb solcher Frauengespräche gewisse Verstärkungstendenzen dieser Beurteilungen führen könnten. An den Tatsachenberichten ihrer Leidensgenossinnen gäbe es überhaupt keinen Zweifel, sagte sie. Wenn ein bestimmter Männertypus entsprechend Ihrer Einschätzung handelte, muss man auf weibliche Therapiemaßnahmen nicht warten. Ganz sicher würden diese Herren bald ins Single-Leben entlassen sein und dürften allein üben, wie sie mit all den bisher vernachlässigten Tätigkeiten zurecht kämen. Sie quittierte mein Fazit mit einem energischen Jawoll. Prima, meinte ich, von den erlernten Haushaltsfähigkeiten könnten dann spätere Partnerinnen profitieren. Das sei wirklich mal weitsichtig gedacht und gehandelt. Warum Mütter – die ja letztlich Frauen sind und sicher ähnliche Erfahrungen mit ihren Ehemännern gemacht hätten – nicht schon bei der Erziehung ihrer Söhne solche Qualitäten vermittelt hätten, wollte ich wissen. Ich sei mir nicht sicher, dass man diese Haushaltsphänome derart einseitig Männern anlasten könne. Meine Ex fragte verstört, was ich mit diesem Einwand bezwecke? Ich wolle doch nur die Verantwortung meines Geschlechts relativieren. Kein männliches Verhalten ohne den Einfluss einer Frau, sagte ich spitzbübisch. Im nächsten Augenblick war ich ganz ohne weiteren weiblichen Gesprächseinfluss. Thomas Wischnewski

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