Matthias Kühne: Die einseitige Risikoverlagerung

Mit dem 1. Januar 2018 trat ein neues Bauvertragsrecht in Kraft. Generell bringt das neue viele wesentliche Neuerungen für Bauunternehmer mit sich, stärkt aber auch den Verbraucherschutz. Doch es gibt eben auch Unsicherheiten für kleine Baubetriebe.

Dem Verbraucher steht mit der Neuregelung ein Widerrufsrecht mit einer Frist von 14 Tagen ab Zugang der Widerrufsbelehrung (nach Vertragsschluss) zu. Vergisst der Bauunternehmer die Belehrung, kann der Verbraucher bis 1 Jahr und 14 Tage nach Vertragsschluss widerrufen, unabhängig davon, ob die Bauleis-tungen begonnen oder sogar fertiggestellt wurden. Eine Sicherheit in Höhe von 100 Prozent seines Vergütungsanspruchs kann der Bauunternehmer nur verlangen, wenn er auch zu 100 Prozent vorleistet, also keine Abschlagszahlungen verlangt. Im Falle von Abschlagszahlungen kann der Bauherr 10 Prozent der vereinbarten Summe zunächst einbehalten. Kommt es dann aber zum Streit über die Leistungen des Bauunternehmens kann diese Differenz schnell zur wirtschaftlichen Achillesferse der Baufirma werden. Insbesondere kleine Unternehmen würden schon nach wenigen solchen Fällen unter wirtschaftlichen Druck geraten. Neben der Einbehaltung von Beträgen der vereinbarten Gesamtsumme steht der Betrieb dennoch unter der Pflicht für Gewährleistungen.

Neu ist auch, dass der Bauunternehmer für zur Erreichung des Werkerfolgs notwendige Änderungsleistungen nur dann eine Vergütung für vermehrten Aufwand beanspruchen kann, wenn ihm nicht die Planung übertragen wurde. Wer also plant, hat das Risiko seiner unvollständigen oder unrichtigen Planung zu tragen.

Mit dem neuen Bauvertragsrecht wird zwar vielfach der Verbraucherschutz der Bauherren gestärkt, aber gleichzeitig das Risiko hin zum Bauunternehmer verschoben. In der Folge muss damit gerechnet werden, dass dies zu einer Marktbereinigung führt. Ob vor allem kleine mittelständische Baufirmen über ein ausreichend wirtschaftliches Fundament verfügen, um Streitphasen und einbehaltene Abschlagszahlungen zu überstehen, bleibt fraglich. Eine Initialzündung für neue Bauunternehmen wird das in Kraft getretene Bauvertragsrecht nicht entfachen. Letztlich ist damit zurechnen, dass der Beratungsaufwand sowohl für Bauherren als auch für Bauunternehmen steigt. Das führt möglicherweise mittelfristig zu einer weiteren Verteuerung der ohnehin schon gestiegenen Baukosten. Matthias Kühne

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